Berlin-Für die Fahrgäste in Berlin und Brandenburg gibt es eine gute Nachricht: Die Fahrpreise im Nahverkehr werden Anfang des kommenden Jahres nicht erhöht. Nach Informationen der Berliner Zeitung wird der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) in wenigen Tagen nach der nächsten Aufsichtsratssitzung offiziell mitteilen, dass die Tarife stabil bleiben. Damit müssen die Nutzer der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), der S-Bahn Berlin, von DB Regio und anderen Nahverkehrsanbietern in der Region mindestens bis Mitte 2022 nicht mit höheren Fahrpreisen rechnen.
Dem Vernehmen nach hat sich der Clearing-Kreis, der sich vor Aufsichtsratssitzungen abstimmt, auf den Verzicht verständigt. Das Land Berlin hatte sich bereits öffentlich klar positioniert. Eine Tariferhöhung würde nicht zu der schwierigen Lage passen, in die der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) während der Corona-Krise geraten sei, teilte die Senatsverkehrsverwaltung auf Anfrage mit.
Fahrgastzahlen bei der BVG sind auf 76 Prozent gesunken
„In Anbetracht der schwierigen Situation für den ÖPNV im Zuge der Pandemie ist es aus Sicht der Verwaltung unverzichtbar, die Attraktivität des ÖPNV für die Bürgerinnen und Bürger zu erhalten und zu steigern. Eine Fahrpreiserhöhung für 2022 ist hier daher aus unserer Perspektive der falsche Weg“, so Constanze Siedenburg, Sprecherin von Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne).
Auch der Berliner Fahrgastverband IGEB und andere Beobachter sprechen sich dagegen aus, die Tarife anzuheben. Corona habe dazu geführt, dass die Fahrgastzahlen gesunken sind, heißt es. Viele Berufstätige kündigten ihre Umweltkarten-Abos, weil sie häufiger als bisher zu Hause arbeiten und weniger oft pendeln. Andere Berliner stiegen zu Beginn der Krise aus (unbegründeter) Angst vor Ansteckung auf das Auto oder Fahrrad um und blieben den Alternativen treu. So kam auch die BVG bisher aus dem Tal nicht heraus. Dort liegt das Fahrgastaufkommen derzeit bei 76 Prozent des Vor-Corona-Niveaus.
Allerdings kann Berlin nicht allein entscheiden, wie es mit den Fahrpreisen weitergeht. Denn der Verkehrsverbund, der den Nahverkehr koordiniert und für einen einheitlichen Tarif sorgen soll, gehört auch dem Land Brandenburg sowie den 14 Landkreisen und vier kreisfreien Städten Brandenburgs. Das führt immer wieder zu Kontroversen und Zerreißproben, weil dort das Geld für Zuschüsse nicht so locker sitzt wie in der Hauptstadt. Die fast 40 Verkehrsbetriebe im Nachbar-Bundesland werden traditionell an der kurzen Leine gehalten und pochen vernehmlicher als ihre Mitstreiter in Berlin darauf, dass auch die Fahrgäste zum Ausgleich der Kostensteigerungen beitragen. So stiegen die Fahrpreise zu Beginn dieses Jahres um durchschnittlich 1,9 Prozent.
Ein Liter Diesel kostet 30 Cent mehr als zu Beginn dieses Jahres
Im Moment gehen die Kosten besonders steil nach oben, sagte der Geschäftsführer eines Brandenburger Verkehrsunternehmens der Berliner Zeitung. „Anfang dieses Jahres haben wir noch rund 85 Cent netto für einen Liter Dieselkraftstoff bezahlt, inzwischen werden 1,15 Euro netto fällig.“ Auch die Löhne und Gehälter steigen: „Im November 2021 wird es einen weiteren Schluck aus der Pulle geben.“ Die BVG muss sich ebenfalls auf weiter steigende Personalkosten einstellen. Wie berichtet fordert die Gewerkschaft Verdi fünf Prozent mehr Lohn und die Verkürzung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich.
Damit nicht immer wieder Diskussionen hochkochen, hatte man sich im VBB eigentlich 2014 auf ein Tarifentwicklungsverfahren geeinigt, sagte Katharina Burkardt, Sprecherin von Infrastrukturminister Guido Beermann (CDU). „Dieses sieht vor, die Fahrpreise jährlich orientiert an einem Index anzupassen, der unter anderem die Lebenshaltungs-, aber auch die Energie- und Stromkosten der Verkehrsunternehmen berücksichtigt.“ Zugrunde gelegt wird ein Zeitraum von 60 Monaten. Nach der aktuellen Rechnung müssten die Fahrpreise um 1,6 Prozent steigen, hieß es im Umfeld des VBB.


