Der Waldbrand bei Jüterbog wütete am Montag den fünften Tag. Am Morgen gingen die Einsatzkräfte davon aus, dass bereits mindestens 150 Hektar Wald zerstört sind. Es brennt aber nicht flächendeckend, sondern das Feuer ist bereits durch große Teile der Wälder gegangen. Überall dort gibt es noch Glutnester. Aktuell brannte es am Montag an drei Stellen mit je etwa acht Hektar. Als am Vormittag die Rauchentwicklung etwas nachließ, ließ die Einsatzleitung das Gebiet mit Drohnen überfliegen, um die Größe der Brände zu vermessen. Das Ergebnis: Die Brandfläche ist inzwischen mehr als doppelt so groß. Es sind 326 Hektar. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum ersten Großbrand dieses Jahres in den Wäldern von Berlin-Brandenburg.
Der Sommer hat offiziell noch gar nicht angefangen, da wütet bereits ein Waldbrand, der in fünf Tagen zehnmal mehr Waldfläche zerstört hat als alle Waldbrände im Land Brandenburg im Jahr 2021 zusammen. Woran liegt das?
In vier der vergangenen fünf Jahre traten Dürresommer auf, und die Frühjahre waren sehr niederschlagsarm. Deshalb gab es auch viele Waldbrände. In diesem Jahr fiel im März und April überraschend viel Regen. „Das freute auch die Förster und Waldbesitzer“, sagte Raimund Engel der Berliner Zeitung. Engel ist der Waldbrandexperte der Brandenburger Landesregierung. „Aber inzwischen ist es seit vier Wochen sehr trocken, und das hat die Lage von Tag zu Tag verschärft.“ Die Zahl der Brände stieg kontinuierlich. „Allein an diesem Wochenende waren es knapp 20 Waldbrände“, sagt Engel.
Welchen Einfluss hat es, dass in Brandenburg auf 70 Prozent der Waldfläche Kiefern stehen?
Das ist ein entscheidender Faktor, denn Nadelwälder sind besonders anfällig für Feuer. Die meisten dieser Wälder sind eher Kiefernplantagen, in denen die oft 80 bis 150 Jahre alten Bäume dicht und in Reih und Glied stehen. Da Nadelbäume auch im Winter grün sind, ergeben die Baumkronen aus der Luft gesehen einen recht geschlossenen Teppich. Der größte Teil des Niederschlags bleibt an den Nadeln der Kiefern hängen und verdunstet wieder. Nur ein Teil erreicht den Boden und wird dann auch von den Wurzeln aufgenommen. Der Waldboden unter Kiefern ist sehr trocken. In den Laubwäldern ohne Blätter im Winter gelangt viel mehr Niederschlag an den Boden, und die dort wachsenden Büsche brennen nicht so leicht wie die trockenen Nadeln im Kiefernwald. Deshalb können sich Feuer in Nadelwäldern schnell ausbreiten. Zwar sind die Kronen der Kiefern durch den Klimawandel geschädigt und oft recht licht, trotzdem sind Kiefernwälder viel trockener.
Warum brennt es gerade in der Region um Jüterbog so oft?
Das Gebiet um Jüterbog ist die bundesweit am meisten von Waldbränden betroffene Region. Das hat verschiedene Gründe: Zum einen ist der Nordosten Deutschlands – also Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Teile von Sachsen-Anhalt – die trockenste Region der Bundesrepublik. In Brandenburg fällt zum Beispiel etwa halb so viel Regen wie im Schwarzwald. Damit steigt auch die Waldbrandgefahr. Außerdem ist das gesamte Gebiet südlich von Berlin seit der Kaiserzeit ein militärisch genutztes Areal. Dort gibt es riesige ehemalige Truppenübungsplätze, auf denen die Feuerwehrleute nicht nahe an die Feuer herandürfen.

Was ist das Hauptproblem am aktuellen Feuer?
Das Feuer wütet rund um ein Gebiet namens Keilberg. „Dort war früher ein Übungsgebiet der sowjetischen Truppen“, sagte Raimund Engel. Auf den Truppenübungsplätzen gilt ein grundsätzlicher Munitionsverdacht. Das bedeutet: Die Feuerwehrleute können nicht mit ihren Schläuchen und ihrer Löschtechnik in die Wälder hinein, sondern können die Feuer nur von den Wegen aus bekämpfen, die bereits von Munition geräumt wurden. Am Keilberg gibt es aber nicht nur Verdachtsflächen. „Dort gehen wir gesichert von einer Munitionsbelastung aus“, sagte Engel. „Die Feuerwehrleute berichten auch von Explosionen.“ Der Grund: Dort war ein Gelände, auf dem Panzer Schießübungen durchführten, dort wurde auch großkalibrige Munition verschossen. Und es gibt immer Blindgänger im Boden.
Warum werden keine Löschflugzeuge eingesetzt?
Große Löschflugzeuge wie in den USA oder Australien sind in Deutschland äußerst selten im Einsatz. Denn die Flugzeuge müssen Wasser idealerweise in der Bewegung aufnehmen. Das heißt: Die Wasserflugzeuge landen auf sehr großen Seen, aber meist auf dem Meer und tanken Wasser. In Ostdeutschland wäre nur die Müritz dafür groß genug – ein geschützter Nationalpark. Deshalb wird auf Löschhubschrauber gesetzt, die punktgenau löschen können.
Warum können sie die Brände nicht schneller löschen?
Die Hubschrauber dürfen gerade in solchen munitionsbelasteten Wäldern auch nicht direkt über das Feuer fliegen. „Bei einer Explosion dehnt sich die Druckwelle nicht nur am Boden aus, sondern geht auch in die Höhe“, sagt Engel. Das bedeutet: Die Explosion eines Blindgängers gefährdet das Leben der Piloten. Um der Gefahr zu entgehen, könnten sie das Wasser aus 1000 Metern Höhe abwerfen. Aber das hätte keinerlei Effekt, weil es über den Flammen ganz einfach verdampfen würde und gar nicht am Boden ankäme.
Wie gehen die Fachleute dann vor?
„Jeder Waldbrand hat einen Feuersaum“, sagt Engel. Das bedeutet, am Rand der Kernzone des Feuers gibt es einen Randbereich, eine Richtung, in die sich das Feuer ausbreitet. Fast immer wird es vom Wind in eine bestimmte Richtung geweht. Und genau dort, wo es noch nicht brennt, wo aber schon bald akute Brandgefahr herrscht, wird das Wasser aus der Luft und am Boden eingesetzt, damit sich das Feuer nicht weiter ausbreitet.
Wie stark ist Brandenburg von Waldbränden betroffen?
Es ist das Bundesland mit den meisten Waldbränden. Einerseits wegen der Trockenheit im Nordosten der Republik, andererseits weil das Land so waldreich ist. Auf fast 35 Prozent der Fläche steht Wald, im ebenfalls trockenen Mecklenburg sind es 21 Prozent. Auch wegen der vielen Kiefernwälder ereignen sich etwa 50 Prozent aller bundesweiten Waldbrände in Brandenburg. Die Zahlen sind sehr witterungsabhängig: In den meisten Sommern wurden etwa 200 Brände gezählt. Doch mit den Dürren ab 2018 verdoppelte sich die Zahl. Nur 2021 war kein Dürresommer. Da gab es „nur“ 157 Brände, die 34 Hektar Wald zerstörten – ein Fünftel der aktuellen Brandfläche in Jüterbog. Insgesamt nehmen die Schäden massiv zu: So wurden in den zehn Jahren ab 2003 landesweit 2733 Hektar Wald zerstört, doch allein in den fünf Jahren ab 2018 waren es 4577 Hektar.

