Kolumne

Thilo Mischke: Über Berliner, die in zwei Welten aufgewachsen sind

Unser Autor wohnt mit seiner Mutter einer Lesung von Jenny Erpenbeck in Friedrichshain bei. In der Buchhandlung versteht er plötzlich, was Sehnsucht ist und wie viel Zugehörigkeit bedeutet.

Schriftstellerin Jenny Erpenbeck
Schriftstellerin Jenny ErpenbeckMaria Sturm für Berliner Zeitung

Die Handtasche gegen den Stuhl, die Hände ins Buch gelegt, den Finger als Lesezeichen. Der Blick ruhig, der Kopf wie das Leuchtfeuer eines Leuchtturms, immer in einer 180-Grad-Bewegung, hin und her. Jenny Erpenbeck sitzt in der Buchhandlung meiner Mutter, also in jener Buchhandlung, die ich gerade versuche zu übernehmen, ohne mich dabei zu übernehmen. Jenny Erpenbeck beobachtet das kleine Publikum, gerade mal siebzig Menschen passen hierhin. Eingeklemmt zwischen Kinderbuch und Gartenratgeber, zwischen Krimiregal und englischen Büchern. Schulter an Schulter sitzen sie, gespannt, nur ein trockenes Husten unterbricht.

Berliner Zeitung

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