Berlin - Die weißen Kunststoffplanen der markanten Türme sind zerissen und flattern im Wind. Die Gebäude, in denen sich einst Abhörtechnik der britischen und US-Geheimdienste befand, sind mit Grafitti beschmiert, überall auf dem Gelände liegen Spraydosen und Müll, den unerwünschte Besucher hinterlassen haben. Die einstige Spionagestation auf dem Teufelsberg, von der aus die Briten und Amerikaner in den Ostblock hineinhorchten, verfällt zusehends. Obwohl das Gelände mit doppelter Umzäunung gesichert ist, dringen immer mehr Menschen unerlaubt ein; für Partys, Kunstaktionen oder einfach nur zum Gucken.
Naturschützer wollen Abriss
Für den Abriss der unansehnlichen Bauten setzt sich seit Längerem eine Bürgergruppe Aktion Naturschutz Berlin um den Zehlendorfer Christof Blauth ein. Sie will eine Renaturierung des Areals. Nur noch Relikte sollen als Erinnerung an die einstige militärische Nutzung verbleiben. „Es sollten jetzt endlich Verhandlungen mit den Investoren über eine Rückgabe an das Land Berlin beginnen“, fordert Blauth. Das Gelände sollte nach Vorstellungen der Gruppe und des Aktionsbündnis Teufelsberg, zu dem sich Naturschützer zusammengeschlossen haben, ins Landschaftsschutzgebiet Grunewald eingegliedert werden.
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Doch die Bezirksverordneten von Charlottenburg-Wilmersdorf wollen von Abriss nichts wissen. Sie fordern, das Areal unter Denkmalschutz zu stellen. Die Eigentümer, eine Investorengruppe um den Kölner Architekten Hartmut Gruhl, hatten sich bereits 2011 in dieser Angelegenheit an die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gewandt. Denn wenn die Gebäude denkmalgeschützt werden, dürfen sie nicht abgerissen werden. Eine Unterschutzstellung als Baudenkmal hatte der Senat allerdings schon einmal im Jahr 2005 abgelehnt.
„Der Antrag auf Denkmalschutz liegt vor und wird geprüft“, sagt Daniela Augenstein, Sprecherin von Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD). Das Ziel des Senators sei es, den Teufelsberg wieder öffentlich zugänglich zu machen – „in welcher Form auch immer“. Seit mehr als zehn Jahren sei die Situation festgefahren, jetzt versuche man, eine Lösung zu finden – gemeinsam mit dem Bezirk und den Investoren. Am 19. März gibt es eine Zusammenkunft mit Staatssekretär Ephraim Gothe und allen weiteren Beteiligten vor Ort. Dann werde man weitersehen, so Augenstein.
„Es wäre schade, wenn Geschichte einfach so entsorgt wird“, sagt Shalmon Abraham. Der Filmemacher führt für den Veranstalter BerlinSightOut mit Genehmigung der Besitzer seit Anfang 2011 jeden Sonntag über das Gelände, bisher kamen mehr als 7000 Besucher. Im vergangenen Jahr hat Abraham mit dem Regisseur Ulu Braun einen Schwarz-Weiß-Stummfilm auf dem Teufelsberg gedreht, „Tower of invincibility“, der in einigen Wochen in die Kinos kommen wird.
Abraham begrüßt, dass der Bezirk sich nun für den Denkmalschutz stark macht: „Hier könnte ein Platz der Erinnerung entstehen, der an diese Seite des Kalten Krieges erinnert“, sagt er. In einem Museum in der Abhörstation könnte ein Bezug zum aktuellen Geschehen hergestellt werden: „Wissen wir denn beispielsweise, was Geheimdienste heute aus unseren Handydaten machen?“
Investor Gruhl sagt, dass sich die Vorstellungen des Senats zum Thema seit dem vergangenen Herbst enorm gewandelt haben: „Der Teufelsberg wird wieder in seiner Bedeutung für die Stadt Berlin entdeckt.“ Mit Aussagen über eine von den Investoren gewünschte Nutzung hält er sich noch zurück: „Wir werden sehen, was die Gespräche mit den Behörden ergeben.“