Statistik

Wenn der Staat uns zuschaut: Wie viel Videoüberwachung gibt es in Berlin?

Am größten ist Big Brother in China, na klar. Aber wer hätte gedacht, dass im locker-lässigen Berlin mehr offizielle Videokontrolle herrscht als in Paris oder Tokio?

Videoüberwachung
VideoüberwachungBerliner Zeitung/Uroš Pajović

Eine neue Datenerhebung aus England vergleicht die Kameraanzahl und -dichte in den 150 Weltstädten mit den meisten Einwohnern. Auch Berlin war unter ihnen. Wir stellen Ihnen die interessantesten Ergebnisse der Studie und einige weitere wichtige Fakten zur Videoüberwachung in Berlin, Deutschland und der Welt vor.


Hier wird es dicht

Um das Ausmaß der Überwachung in Städten auf der ganzen Welt am besten vergleichen zu können, haben wir die Kameradichte untersucht, d.h. die Abdeckung von Stadtgebieten mit Überwachungssystemen.

So groß ist 1 Quadratkilometer ...

Berlin aus der Vogelperspektive
Berlin aus der VogelperspektiveBLZ

... und so viele öffentliche Kameras gibt es pro Quadratkilometer in ausgewählten Weltstädten:

Nicht zu übersehen:

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Zu groß für diese Seite
Mit ca. 10,6 Millionen hat Shanghai mehr Kameras als jede andere Stadt auf dem Planeten. Das sind fast 1680 je Quadratkilometer. Die höchste Dichte gibt es jedoch in Shenzhen: 2400 Kameras pro Quadratkilometer.
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Europas Spy-Meister? Berlin
Obwohl Berlin der Kameradichte nach erst an zweiter Stelle steht (nach Athen), ist es seit dem Brexit innerhalb der Europäischen Union die Stadt mit den meisten Kameras pro Person.
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Düstere Anfänge
Die Videoüberwachung wurde 1942 in Nazi-Deutschland erfunden: Die ersten CCTV-Kameras produzierte Siemens zur Beobachtung der in Peenemünde gebauten V-2-Raketen.
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Bevölkerungskontrolle
Über 50% der weltweiten Überwachungskameras sind in China installiert.
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Augenöffnende Vergleiche
Das indische Kolkata und das kanadische Toronto haben eine ähnliche Gesamtzahl von Kameras wie Berlin. Kolkata hat jedoch 5-mal so viele Einwohner und Toronto ist etwa 7-mal so groß.
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Big Brother, Big Business
Drei der sechs größten Hersteller von Überwachungskameras sind in China ansässig: Hikvision, Dahua und Hanwha Techwin. An dritter Stelle dieser Liste steht Axis aus Schweden, an fünfter Stelle die südkoreanische IDIS und an sechster Stelle Honeywell aus den USA.
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Kunst des Beobachtens
Die Überwachungskultur in Japan ist älter als die dortigen CCTV-Kameras. Hier setzt man stark auf internalisierte soziale Kontrolle. Ob auf Fahrzeugen, Schaufenstern und sogar Lastenrädern: Häufig sieht man diesen Aufkleber eines Augenpaars im Kabuki-Stil mit der Warnung: „Verbrechen werden nicht übersehen!”
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Im Osten viel Neues
Die ersten großflächigen Videoüberwachungen innerhalb einer deutschen Stadt gab es in Ost-Berlin und Leipzig.
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Private Eyes
Die BSIA (British Security Industry Association) schätzt: In London gibt es aktuell 70-mal mehr Kameras in Privatbesitz als öffentliche Kameras.
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Nomen est omen
CCTV (Closed Circuit Television), Englisch für Videoüberwachung, ist auch der Name des staatlichen chinesischen Fernsehsenders (China Central Television, oben das HQ in Peking). Er wird von der kommunistischen Partei Chinas kontrolliert.
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Moderne Technologien
Im Zuge der zunehmenden KI-Überwachung wurden Kleidungsstücke mit Tarnmustern entwickelt. Sie verwirren die Gesichts-erkennungssoftware oder lenken sie ab, indem sie ihr „falsche” Gesichter liefern.
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Das Orwellsche Prinzip
China nutzt seine Videoüber-wachung für ein soziales Punktesystem, bei dem Bürger und Unternehmen für ihr Verhalten im öffentlichen Raum belohnt oder bestraft werden. So bringt z.B. Blutspenden, die Pflege älterer Angehöriger oder ein Lob für die Regierung auf Social Media positive Punkte. Das Schummeln bei Online-Games, Verkehrsverstöße oder ein Nichterscheinen zu Reservierungen in Restaurants und Hotels bringt dagegen Minuspunkte. Die genaue Anwendung des Systems ist jedoch nicht so weitreichend, wie es oft den Anschein hat, denn einigen Schätzungen zufolge sind nur etwa 10 % der Personen davon betroffen.

Quellen

„The World’s 150 Most-Surveilled Cities”, 2022, Eine Datenanalyse von Comparitech, Kent, UK.

Andere Quellen: British Security Industry Association, Das Bundesarchiv, Bertelsmann Stiftung, Der Spiegel, HyperFace, Calder Security, Wikipedia.

Bildquellen: Imago Images, außer:

„Düstere Anfänge” und „Im Osten viel Neues”: Wikimedia Commons

„Kunst des Beobachtens”: Uroš Pajović