Berlin-Lange Warteschlangen, fehlende oder vertauschte Stimmzettel, Wahlhelfer-Mangel: Am Berliner Super-Wahlsonntag sind die Geduld und die demokratische Gesinnung vieler Bürger auf eine harte Probe gestellt worden. Wer in einem Wahllokal in Berlin seine Stimme abgeben wollte, sah sich allzu oft mit Problemen verschiedenster Art konfrontiert.
„Ist das hier eine Bananenrepublik, oder was?“ fragt eine Wählerin, als sie die wartenden Menschen auf dem Hof der Grundschule am Hofgarten in Prenzlauer Berg sieht. Nein, es handelt sich um Berlin im Jahr 2021. Wie viele hundert Menschen vor ihr findet sich die Frau, die eben nur mal schnell ihre Stimme abgeben wollte, in einem kaum überblickbaren Wartekollektiv wieder. Das Backsteingebäude abseits der Danziger Straße beherbergt gleich drei Wahllokale: 613, 615 und 820. Weil Wegweiser rar sind, stehen viele Wähler erst einmal falsch an. Von den mitgebrachten Kindern reißt manchen schon bald der Geduldsfaden. Gut, dass wenigstens die Sonne scheint.
Viele Bürger kehren entnervt um und verzichten darauf zu wählen
Dabei muteten die Herausforderungen an den Langmut der Menschen, die einfach nur ihr demokratisches Recht wahrnehmen wollen und dann ihren Zeitplan für den Sonntag über den Haufen geworfen sehen, in der Grundschule noch relativ gering an. Für das Wahllokal in der Grundschule in der Boyenstraße in Mitte beziffert das Bezirksamt die Wartezeit am Mittag auf „aktuell zwei Stunden“. Noch nach 19 Uhr stehen in Prenzlauer Berg und anderswo Bürger an, um ihre Stimme abzugeben. Es wird auch berichtet, dass nicht wenige Wähler entnervt umkehren oder sich gar nicht erst in die Schlange stellen.
Als Grund für die langen Wartezeiten werden meist die Corona-Maßnahmen genannt. Aufgrund der Hygieneregeln dürfe nur eine begrenzte Zahl von Menschen in die Wahllokale, heißt es in Mitte. Allerdings war es auch bei vorangegangenen Wahlen so, dass kein Gedränge im Raum zugelassen wurde. Diesmal haben viele Wähler Mühe, mit den zahlreichen und zum Teil umfangreichen Stimmzetteln zurechtzukommen. Nicht wenige bleiben mehrere Minuten in der Wahlkabine.
Wer es schließlich ins Wahllokal geschafft hat, bekommt es zum Teil mit einem weiteren Handicap zu tun – fehlenden Stimmzetteln. Eine Begründung lautet, dass man mit einer so hohen Wahlbeteiligung nicht gerechnet habe. So werden Wähler in der Paula-Fürst-Schule in Charlottenburg mit dem Hinweis, dass keine Stimmzettel mehr vorhanden seien, wieder nach Hause geschickt. Neue Papierbögen könnten derzeit nicht beschafft werden, da viele Straßen wegen des Berlin-Marathons gesperrt seien, heißt es. Auf die Ansage, die Wähler sollten nach 17 Uhr noch mal kommen, gibt es wütende Reaktionen. In Halensee berichtet eine Wählerin, dass sie in ihrem Wahllokal Im Storkwinkel lange angestanden habe. Als sie endlich an die Reihe kommen sollte, waren die Stimmzettel ausgegangen. Ähnliche Berichte gibt es aus dem Wahlkreis Steglitz-Zehlendorf 1.
Damit nicht genug: In einigen Wahllokalen gab es zwar Stimmzettel – aber nicht die richtigen. „Wegen vertauschter Wahlzettel ist es am Sonntag in einigen Berliner Wahllokalen leider zu Verzögerungen und ungültigen Stimmabgaben gekommen“, twittert der Bundeswahlleiter. So gibt es in den Wahllokalen 404, 407 und 408 in der Spartacus-Grundschule in Friedrichshain zunächst nur Stimmzettel aus Charlottenburg/Wilmersdorf.



