Kolumne

Oft nerven die vielen Obdachlosen dieser Stadt mächtig, doch manchmal gibt es Grund zur Trauer

Im Kiez unseres Kolumnisten saß jahrelang eine Obdachlose auf einer Bank. Sie war ruhig, hatte aber enormen Einfluss auf die Stimmung im Kiez. Nun ist sie tot.

Leben und Tod nahe beieinander: ein Obdachloser neben dem Trauerort für Peggy.
Leben und Tod nahe beieinander: ein Obdachloser neben dem Trauerort für Peggy.Jens Blankennagel/Berliner Zeitung

Nun ist sie weg. Einfach verschwunden aus dem Kiez. Dabei saß sie doch seit langem fast jeden Abend auf einer der beiden Bänke vor der Samariterkirche in Friedrichshain, meist außen auf der rechten Bank. Vor Jahren, als ich die Frau mit dem angenehmen Lächeln dort neben den Obdachlosen sitzen sah, dachte ich: So souverän und ruhig, wie sie mit den Trinkern und Vagabunden umgeht, ist sie sicher eine besonders begabte Sozialarbeiterin, die extra abends zu ihnen geht, wenn sie sich im Schutz der Dunkelheit treffen. Schließlich wurde mir klar, dass sie selbst obdachlos ist.

Das fiel nie auf. Sie war nicht so wie viele der Männer. Sie war nie laut, verwahrlost oder besoffen. Sie tat allen gut: den Obdachlosen und den Anwohnern. Wenn diese Frau auf der Bank saß, drehten die Trinker nicht so auf. Und das wiederum freute die Leute in den Häusern ringsum.

Berliner Zeitung

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