Der bundesweite Wegfall der allgemeinen Maskenpflicht zur Bekämpfung der Corona-Pandemie führt in Berlin zu Verwirrung und Kritik. Selbst Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) hält das Ende der Pflicht für einen Fehler. Aus ihrer Sicht ist das Risiko einer Infektion weiterhin hoch.
Allerdings ist die Corona-Inzidenz in Berlin pünktlich zur Aufhebung der meisten Einschränkungen erneut leicht gesunken. Dem Robert-Koch-Institut wurden in den vergangenen sieben Tagen knapp 954 Neuinfektionen auf 100.000 Menschen gemeldet. An den Vortagen lagen die Werte zum Teil deutlich über 1000. Berlin hat damit die niedrigste Zahl aller Bundesländer. Bundesweit liegt die Wochen-Inzidenz für Neuinfektionen bei rund 1625.
Laut bundesweitem Infektionsschutzgesetz können sich Bundesländer zu Corona-Hotspots erklären, um dann weiteres Maskentragen anzuordnen. Jedoch: „Die Situation in Berlin ist derzeit nicht so, dass wir die beiden Kriterien, die im Gesetz gefordert sind, so einfach feststellen könnten“, sagte Senatorin Gote im RBB-Inforadio am Donnerstag. Die Infektionslage sei vergleichsweise niedrig. Und die Lage in den Krankenhäusern sei angespannt, aber es drohe keine Überlastung. Deshalb, so Gote „können wir den Hotspot leider nicht juristisch erklären“. Sonst würden Niederlagen vor Gerichten drohen.
Unabhängig davon zeigt sich am Freitag, dem ersten Tag nach Ende der allgemeinen Maskenpflicht, ein uneinheitliches Bild. Mal gibt es eine Pflicht, mal bleibt es bei einem Appell. Hinzu kommt, dass mancherorts noch die Regeln geändert werden. Prinzipiell gilt das Hausrecht.
Busse und Bahnen: Fahrgäste müssen stets FFP-Masken tragen. Das gilt auch für Personal – ausgenommen sind die Fahrer.
Arztpraxen, Krankenhäuser, Pflegeheime etc.: Überall dort, wo es zwangsläufig zu Kontakt mit sogenannten vulnerablen – also verletzlichen und besonders gefährdeten – Menschen kommt, herrscht Maskenpflicht.
An allen weiteren Orten gilt die Pflicht nicht mehr generell. Sie kann aber per Hausrecht erlassen werden.
Dies gilt in den Gängen der Gerichts- und Staatsanwaltschaftsgebäude in Moabit. In den Sitzungssälen sowie den Vernehmungsräumen liegt die Entscheidung jedoch weiterhin bei den jeweiligen Richtern beziehungsweise Staatsanwälten.
Viele Theater und Opernhäuser kündigen weiterhin eine Maskenpflicht an. Viele erhoffen sich durch dieses zusätzliche Sicherheitsversprechen mehr Kundschaft.
Bei der Berliner Polizei bleibt die Maskenpflicht nach Aussage einer Sprecherin bestehen. „Bislang ist kein Ende in Sicht“, sagte sie. Masken müssen Bedienstete und Besucher auch künftig in den Dienstgebäuden tragen. Auch in den Fahrzeugen und im Einsatz tragen die Beamten Masken. Bei der Polizei gilt noch immer die „Pandemiestufe 1“. Knapp drei Prozent der Beschäftigten sind vom Coronavirus betroffen.
In öffentlichen Gebäuden liegt die Frage der Maskenpflicht in der Verantwortung der jeweiligen Dienststellen. Sie müssen unter anderem beurteilen, ob die Gesundheit der Beschäftigten gefährdet ist. Einige Behörden haben aus diesem Grund bereits eine Maskenpflicht auch nach dem 1. April angeordnet.
Im Bezirksamt Mitte erging ein Appell des Bezirksbürgermeisters an alle Beschäftigten zum Tragen von FFP2-Masken über den 31. März hinaus. Dieser Appell soll „zeitnah mit einer über die Hausordnung geregelten Maskenpflicht für alle Beschäftigten ersetzt werden“, heißt es nun. Besucher sind davon nicht betroffen.
Auch in der Senatsgesundheitsverwaltung an der Oranienstraße in Kreuzberg gilt nach Angaben einer Sprecherin weiterhin Maskenpflicht.
In Finanzämtern und vielen anderen Ämtern bleibt es zunächst beim Appell zum Maskentragen. Dort bleibt es bei „dringenden Empfehlungen“ an Besucher und Beschäftigte.
Betreiber von Hotels und Gaststätten gehen sehr unterschiedlich mit der neuen Situation um. Vom Hotel- und Gaststättenverband Dehoga heißt es: „Im Moment ist das Verhältnis 50 zu 50.“
Im Handel fällt selbst dem Branchenverband eine Vorhersage schwer. Branchenverbandssprecher Nils Busch-Petersen beklagt im Gespräch mit der Berliner Zeitung, die Politik mache „sich auch im dritten Jahr der Pandemie vom Acker“. Das Auslaufen der Maskenpflicht, untersetzt von Appellen zum weiteren Tragen, sei ein „Kommunikations- und Zuständigkeitsdesaster der Politik“.
Große Supermarkt- und Textilketten haben bereits angekündigt, auf eine Pflicht zu verzichten.
Manche Mittelständler wie etwa Hobbyshop Rüther mit Geschäften in mehreren Berliner Bezirken wollen an der Maskenpflicht festhalten.

