Landgericht Berlin

Aus Liebe: JVA-Bedienstete soll für Ex-Häftling Drogen in den Knast geschmuggelt haben

Prozessauftakt in Berlin: Ein einstiges Liebespaar muss sich wegen Bestechlichkeit, Bestechung und Drogenhandels vor Gericht verantworten. 

Die Angeklagten Damian M. (r.) und Grit A. (2.v.l.). waren einst ein Liebespaar.
Die Angeklagten Damian M. (r.) und Grit A. (2.v.l.). waren einst ein Liebespaar.Pressefoto Wagner

Sie würdigen einander im Gerichtssaal keines Blickes, sprechen vor der Tür kein Wort miteinander. Dabei sollen sie einmal ein Liebespaar gewesen sein: Damian M., ein zwei Meter großer, schwerer Hüne von 37 Jahren, und Grit A., 54 Jahre alt und von eher zierlicher Gestalt. Sie lernten sich im Knast in Tegel kennen. Dort saß er eine Haftstrafe ab, sie arbeitete als Justizvollzugsbedienstete. Nach seiner Freilassung im Juni vorigen Jahres wurden sie ein Paar.

Jetzt gibt es keine Liebesbeziehung mehr zwischen ihnen, sind sie Angeklagter und Mitangeklagte geworden. Seit Donnerstag wird am Landgericht Berlin gegen sie verhandelt. Es geht um die Vorwürfe der Bestechlichkeit beziehungsweise Bestechung, um den Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, um den Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz.

Zwei Beutel voller Drogen

Damian M. soll mehrfach vorbestraft sein, unter anderem wegen Betrugs, Unterschlagung, Fahrens ohne Führerschein. Fast vier Jahre hat er in der JVA Tegel abgesessen. Nach seiner Haftentlassung sollen er und Grit A. laut Anklage übereingekommen sein, Mobiltelefone, Ladegeräte, Sim-Karten und auch Drogen in die Justizvollzugsanstalt (JVA) Tegel zu schmuggeln.

„Die Angeklagte sollte hierfür Geld erhalten“, sagt die Staatsanwältin Bettina Schröder. Was genau geschah, beschreibt sie so: Mitte Juli des vorigen Jahres versteckten Damian M. und Grit A. im VW Touran der Justizbediensteten diverse Handys. Mit der Schmuggelware fuhr die Angeklagte am 15. Juli in die Autowerkstatt der JVA. Dort wurde das in der Haft begehrte Schmuggelgut von unbekannten Dritten aus dem Auto genommen und im Gefängnis verteilt. Grit A. erhielt dafür von ihrem damaligen Geliebten mindestens 350 Euro.

Ein weiterer Liefertermin vier Wochen später soll geplatzt sein, offenbar weil Damian M. die Handys nicht rechtzeitig beschaffen konnte. Für eine dritte Schmuggelfahrt sollte Damian M. mindestens 2000 Euro von einer bisher nicht bekannten Person erhalten, 1500 Euro davon sollte die Vollzugsbedienstete Grit A. bekommen.

Am Morgen des 23. September vergangenen Jahres fuhr sie mit ihrem Auto in die JVA – angeblich zu einem Werkstatttermin. Diesmal allerdings wurde sie kontrolliert. Um 6.22 Uhr wurden die Beamten an der Schleuse fündig. Versteckt unter dem Fahrer- und Beifahrersitz waren zwei Beutel versteckt. Der Justizvollzugsbeamte Marcel K., der damals das Fahrzeug durchsuchte, sagt als Zeuge vor Gericht: Es sei sein größter Fund gewesen, seit er dort arbeite.

Wert des Schmuggelguts: rund 100.000 Euro

Laut Anklage steckten in den Beuteln mehrere Päckchen unter anderem mit Haschisch, Kokain, einem Heroingemisch, Schmerzmitteln wie Subutex und Tilidin, Amphetaminen, Anabolika, 23 Mobiltelefonen, 26 USB-Ladekabeln, Sim-Karten, Kopfhörern, zwei Tätowiermaschinen, Spritzen und Kanülen. Marcel K. schätzt den Wert der Schmuggelware auf rund 100.000 Euro.

Mit dem Fund konfrontiert, soll Grit A. damals gesagt haben, sie wisse nicht, was das sei. Zudem äußerte sie wohl, dass sie seit geraumer Zeit ihren Zweitschlüssel für ihr Auto vermisse. Die Polizei wurde alarmiert, die Vollzugsbedienstete noch am selben Tag vorläufig festgenommen. Grit A. saß in Untersuchungshaft, bis Mitte Januar dieses Jahres der Haftbefehl aufgehoben wurde. Damian A. wurde erst Ende Oktober verhaftet. Er wurde im ebenfalls Januar vom Vollzug verschont, muss sich seitdem dreimal in der Woche bei der Polizei melden.

An diesem ersten Verhandlungstag erklärt der Anwalt von Damian M., dass die in der Anklage erhobenen Vorwürfe gegen seinen Mandanten im Kern zutreffend seien. Damian M. sei es auch gewesen, der die Idee gehabt habe. Grit A. sei einverstanden gewesen.

Die 54-Jährige, die von ihrer Arbeit freigestellt ist, will sich im Prozess zu einem späteren Zeitpunkt äußern. Bei der Haftprüfung im Januar habe ihre Mandantin ein Teilgeständnis abgelegt, sagt ihre Verteidigerin. Grit A. habe nicht genau gewusst, was sie in die Haftanstalt bringen sollte. Ihr sei klar gewesen, dass es etwas Verbotenes sein würde. „Sie ist nicht komplett unschuldig“, sagt die Verteidigerin. Aber mit Drogen haben sie nicht gerechnet. Die Liebe habe sie wohl blind gemacht.

Schon Mitte Juli vorigen Jahres gab es offenbar Hinweise darauf, dass Mobiltelefone in eines der größten deutschen Gefängnisse für männliche Strafgefangene gebracht würden. So soll ein Häftling einem Beamten berichtet haben, dass es eine blonde Bedienstete gebe, die mit ihrem eigenen Pkw Handys in die JVA fahre. Daraufhin wurde der Leiter der Sicherheitsabteilung informiert.

Der Prozess wird am nächsten Donnerstag fortgesetzt.