Hakenkreuze, Hass-Parolen, Sprengstoffanschläge: KZ-Gedenkstätten und andere Erinnerungsorte für die Opfer des Nationalsozialismus werden erschreckend häufig geschändet. Mitte Juli ritzen Unbekannte Hakenkreuze und eine Nazi-Parole in Stelen des Denkmals für die ermorden Juden Europas in Berlin-Mitte. Wenige Tage später sägen Unbekannte in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald sieben Gedenkbäume ab, die an die in dem Konzentrationslager ermordeten Kinder erinnern. An einem Ort, an dem tausende Menschen gequält und ermordet wurden, verhöhnen die Täter die Erinnerung an die Toten.
Das sind keine Einzelfälle. Eine Recherche der Berliner Zeitung hat mit Hilfe der Gedenkstätten, der Topographie des Terrors und Meldestelle Reporting Antisemitism für die Jahre 2016 bis 2021 in Berlin und Brandenburg rund 100 Übergriffe auf Gedenkorte für die Opfer des Nationalsozialismus dokumentiert – statistisch mehr als einer im Monat.
Das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten und ermordeten Homosexuellen in Berlin-Mitte wird mit widerlichen Hass-Parolen beschmiert. In Brandenburg werden immer wieder Gedenksteine für die in der Reichspogromnacht im November 1938 zerstörten Synagogen beschmiert und zerstört. In Berlin wird die Gedenk- und Informationsstätte für die Opfer der nationalsozialistischen „Euthanasie“-Morde mit rosa Farbe beschmutzt.
Immer wieder werden Gedenksteine für im Nationalsozialismus ermordete Berliner und Brandenburger Juden aus dem Straßenpflaster gebrochen und entwendet. Im Landkreis Dahme-Spreewald wird die Eingangstafel der Gedenkstätte des KZ- Außenlagers Jamlitz-Lieberose bei einem Sprengstoffanschlag vollständig zerstört. Erst eine Woche zuvor waren zwei Informationstafeln der gläsernen Gedenkstätte mutwillig beschädigt worden.
Von den etwa 10.000 KZ-Insassen des Außenlagers, vor allem Internierte aus Polen und Ungarn, überlebten weniger als 400. Jeder dieser Anschläge ist eine Beleidigung der Toten und ihrer Familien und eine Schande für dieses Land. Der Philosoph Theodor W. Adorno hat vor gut 60 Jahren formuliert, was die Täter beabsichtigen: „Die Ermordeten sollen noch um das Einzige betrogen werden, was unsere Ohnmacht ihnen schenken kann, das Gedächtnis.“
Berlin, Januar 2016
Am „Denkmal zur Erinnerung an die Kindertransporte“ in der Georgenstraße in Mitte werden im geöffneten Koffer des Denkmals wiederholt Flugblätter der rechtspopulistischen Partei „Bürgerbewegung Pro Deutschland“ deponiert, die sich gegen Geflüchtete richten. Bereits im Dezember 2015 wurden an gleicher Stelle Flugblätter der rechtspopulistischen „Berliner Patrioten gegen die Islamisierung des Abendlandes“ deponiert.
Berlin, Februar 2016
In Berlin-Friedenau werden mehrere Stolpersteine systematisch beschädigt, unter anderem in der Dickhardt-, Saar-, Wilhelm Hauff-, Handjery-, Sponholz- und Wielandstraße.
Berlin, Februar / März / Juli / August / November / Dezember 2016 / Februar 2017
Unbekannte beschmieren im Februar und März das Transparent und das Holzschild einer provisorischen Gedenkstätte in der Ellen-Epstein-Straße in Berlin-Moabit. Am 16. März wird das Schild gänzlich zerstört. Eine Initiative hatte im Mai 2015 das Schild mit der Aufschrift „Von hier fuhren Züge ins Gas – www.sie-waren-nachbarn.de“ an der Stelle aufgestellt, von der aus zahlreiche Berliner Jüdinnen und Juden während des Nationalsozialismus in die Vernichtungslager deportiert wurden. Auch das neu aufgestellte Schild wird wiederholt mit Farbe beschmiert, das Wort „Gas“ wird unkenntlich gemacht.
Berlin, März, Juni, August, Oktober 2016, Mai 2019, Juli 2020
An der Putzlitzbrücke wird das Mahnmal, das an die über 30.000 Berliner Jüdinnen und Juden erinnert, die vom benachbarten Moabiter Güterbahnhof aus deportiert wurden, wiederholt mit Holocaust-Leugnungen und antisemitischen Parolen beschmiert, u.a. mehrmals mit dem Wort „Lüge“. Eine Stele am Deportationsmahnmal wird mit einem Zettel mit der Parole „Die Deportation hat es nie gegeben. Es gibt keine Beweise“ beklebt. Im Juli 2020 wird eine am Deportationsmahnmal in einem Glas aufgestellte Trauerkerze von Unbekannten zerstört.
Berlin, April / Mai 2016 / August 2017 / August 2019
Das Mahnmal „Block der Frauen“ in der Rosenstraße wird wiederholt beschmiert. Im April 2016 werden die Augen zweier Skulpturen mit blauer Farbe ausgefüllt, eine Skulptur wird mit einem „Hitler-Bart“ beschmiert. Im August 2018 wird eine der Figuren erneut mit einem „Hitler-Bart“ beschmiert. Im August 2019 werden an einer Gedenk-Litfaßsäule mehrere Plakate abgerissen, die über die Widerstandsaktion informieren.
Das Mahnmal erinnert an den öffentlichen Protest der mutigen Frauen, die im Februar und März 1943 die Freilassung ihrer kurz zuvor verhafteten jüdischen Angehörigen verlangten.
Berlin, April 2016
Am Hildegard-Wegscheider-Gymnasium in Berlin Grunewald werden Gedenktafeln gestohlen, die an frühere jüdische Schülerinnen erinnern. Das Datum: Der 20. April, Hitlers Geburtstag.
Landkreis Dahme-Spreewald (Brandenburg), Mai 2016
Die zwei Meter hohe Eingangstafel der Freiluftausstellung der Gedenkstätte des KZ-Außenlagers Jamlitz-Lieberose wird bei einem Sprengstoffanschlag vollständig zerstört. Eine Woche zuvor waren zwei Informationstafeln der gläsernen Gedenkstätte mutwillig zerstört worden. Der Sachschaden liegt bei mehr als 10.000 Euro. Von den bis zu 10.000 Internierten aus zwölf europäischen Ländern, vor allem aus Polen und Ungarn, überlebten vermutlich weniger als 400.
Berlin, Mai 2016
In Charlottenburg werden Stolpersteine in der Leibnizstraße sowie ein weiterer Stolperstein in der Nähe mit weißer Farbe beschmiert. Die Stolpersteine erinnern an Gertrud Hirschmann, Johanna Hirschmann und Osias Max Schapira, die 1942 deportiert und in Ausschwitz ermordet wurden.
Berlin, Juni 2016
In der Gieselerstraße in Wilmersdorf wird ein Aushang entfernt, der auf die am gleichen Tag stattfindende Stolperstein-Verlegung für Irma Silberstein und Wolf Max Silberstein hinweist. Sie wurden 1942 in Treblinka ermordet. Wenige Stunden nach der Verlegung der Stolpersteine wird eine von Angehörigen niedergelegte Pfingstrose zertreten.
Berlin, Juni 2016
In der Dahlmannstraße in Charlottenburg übergießt ein Mann mehrere Stolpersteine mit einem weißen Pulver und macht sie unkenntlich. Er schreit, die Stolpersteine seien auf seinem Privatgrundstück verlegt worden. Die Stolpersteine gelten: Heinz Brück, ermordet im KZ Buchenwald. Johanna Brück, die das KZ Theresienstadt überlebt hat. Martha Kallmann, ermordet im Vernichtungslager Chelmno/Kulmhof. Max Kallmann, ermordet im KZ Ausschwitz. Die Stolpersteine waren irrtümlich auf einem Teil des Gehwegs verlegt wurden, der zum privaten Grundstück des Hauses gehört. Als der Hauseigentümer davon erfährt, verlangte er, sie von seinem Privatgelände zu entfernen, damit er nicht in Haftung genommen werde, wenn jemand darauf ausrutscht. Um dem Konzept des Künstlers zu entsprechen und um Konflikte zu vermeiden, werden die Pflastersteine im Oktober 2016 auf öffentliches Straßenland versetzt.
Berlin, Juni 2016/ November 2017
In Köpenick wird im Juni 2016 in der Wendenschlossstraße im Ortsteil Wendenschloss eine Gedenktafel für Opfer der Köpenicker Blutwoche mit dem Wort „Lügen“ beschmiert. Im November 2017 wird das Mahnmal erneut beschmiert, ebenso werden umliegende Stromverteilerkästen und Hausfassaden mit Parolen besprüht.
Während der Blutwoche im Juni 1933 wurden in Köpenick etwa 500 Menschen von SA-Männern verschleppt und gefoltert, mindestens 23 von ihnen wurden ermordet.
Berlin, August 2016
Auf dem Alten Jüdischen Friedhof in der Großen Hamburger Straße in Berlin-Mitte wird die Skulptur „Jüdische Opfer des Faschismus“ des Künstlers Will Lammert beschädigt. Die Bronzefiguren vor dem ehemaligen jüdischen Altersheim erinnern an die Deportation von 55.000 Berliner Juden. Eine der 13 bronzenen Figuren wird nach Angaben der Polizei mit einem schwarzen Hitlerbart beschmiert.
Berlin, November 2016
In Wilmersdorf wird der Stolperstein für Elisabeth Aschenstein in der Sächsischen Straße beschädigt, auf dem Wort „Deportation“ sind Einkerbungsspuren zu erkennen. Der Vorfall ereignete sich kurz vor dem Jahrestag der Reichspogromnacht. Um ihrer Deportation in ein Konzentrationslager zu entgehen, brachte sich Elisabeth Aschenstein 1943 im Alter von 72 Jahren um.
Berlin, November 2016
In der Gieselerstraße in Wilmersdorf werden Kerzen umgeworfen, die Nachbarn anlässlich des Gedenktags an die Novemberpogrome von 1938 an Stolpersteinen aufgestellt hatten. Die Stolpersteine erinnern an Selma Schnee, die 1942 in Ausschwitz ermordet wurde, an Wolf Max und Irma Silberstein, die 1942 in Theresienstadt ermordet wurden, und an Ilse Kunz-Krause, die sich 1943 im Alter von 54 Jahren umbrachte, um der Deportation zu entgehen. Sie lebten in den 1930er und 1940er Jahren in der Gieselerstraße.
Berlin, November 2016 / Juni 2020
Am Bahnhof Grundewald wird die Gedenkstätte „Gleis 17“ mit einem Schriftzug beschmiert, der das Gedenken verhöhnt. Im Juni 2020 wird an die Wand des Treppenabgangs zur Gedenkstätte „Gleis 17“ das Kürzel „SA“ geschmiert. Das Mahnmal Gleis 17 erinnert die tausenden Juden, die von diesem Gleis mit Zügen der Deutsche Reichsbahn aus Berlin in die Vernichtungslager deportiert wurden.
Berlin, Dezember 2016
Jugendliche beschmieren einen Gedenkstein im Paule-Park in Berlin-Pankow mit einem Hakenkreuz. Der beschädigte Gedenkstein gilt dem Maler Paul Schultz-Liebisch, der 1935 von den Nationalsozialisten mit einem Malverbot belegt wurde.
Falkenberg/Elster, Dezember 2019
Eine Gedenktafel für Opfer des Holocaust wird mit der Parole „Holonikolaus Lüge!!!“ beschmiert.
Berlin, Januar / März 2017 / November 2020
Das Denkmal von Julius Fucik im Pankower Bürgerpark wird 2017 wiederholt mit dem Wort „Jude“ beschmiert, außerdem mit einem Davidstern und Anti-Merkel-Parolen. Im November 2017 wird das Denkmal erneut mit antisemitischen Parolen beschmiert, etwa „Fickt Euch“ und „Juden Knechte“. Julius Fucik war ein tschechischer Journalist und Kommunist, nach der Besetzung der Tschechei war er in der kommunistischen Widerstandsbewegung aktiv. Er wird im April 1942 in Prag von der Gestapo verhaftet, im Mai 1943 nach Deutschland verschleppt und 8. September 1943 gemeinsam mit 185 anderen Verfolgten des NS-Regimes in Berlin-Plötzensee ermordet.
Wittstock / Neustadt (Brandenburg), Januar 2017
Auf die Gedenktafel für die Opfer des Todesmarschs der Häftlinge des KZ Sachsenhausen wird ein Hakenkreuz gesprayt. Auf einer Gedenktafel für 48 KZ-Häftlinge auf dem jüdischen Friedhof von Zernitz-Lohm bei Neustadt werden ein Hakenkreuz und ein Davidstern eingeritzt.
Berlin, April 2017
In Berlin-Friedenau werden in der Fregestraße zwei Stolpersteine mit silberner Farbe besprüht.
Berlin, April 2017
Eine Mauer der Ausstellung der „Topographie des Terrors“ wird mit einem Hakenkreuz beschmiert.
Berlin, Mai 2017
In Berlin-Steglitz wird der Stolperstein für Estella Marchand mutwillig beschädigt. Estella Marchand überlebte das KZ Theresienstadt.
Falkensee (Brandenburg), Juni 2017
Im Eingangsbereich der Gedenkstätte des KZ Außenlagers Sachsenhausen wird eine Bronzetafel aus einer Betonstehle entwendet.
Berlin, Juli 2017
Der Schaukasten der Stolperstein-Initiative Stierstraße wird mit dem Wort „Lüge“ beschmiert.
Berlin, August 2018
Am S-Bahnhof Schöneweide wird das Hinweisschild, das zum Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit verweist, mit dem Begriff „BRDigung“ und einem Davidstern beschmiert.
Berlin, August 2018
Bei einer Veranstaltung am Deportations-Mahnmal „Gleis 17“ am Bahnhof Grunewald beschimpft eine Frau außerhalb des Geländes die Veranstaltung antisemitisch und relativiert den Holocaust. Unter anderem ruft sie lautstark „Ihr seid total diskriminierend, schlimmer als die Nazis!“. Erst als ein Polizist ihr mit Maßnahmen droht, wird sie ruhiger.
Schipkau (Brandenburg), September 2017 / April 2019
Gezielte Beschädigung eines Gedenksteins, der an die KZ-Insassen erinnert, die kurz vor Kriegsende auf dem Streckenabschnitt zwischen Hörlitz und Schipkau auf der Irrfahrt eines vollgepferchten Transportzuges umgekommen sind. Im April 2019 werden an der Gedenkstätte die metallenen Tafeln mit den Namen der Opfer gestohlen.
Berlin, Oktober 2017
Am Berliner U-Bahnhof Nollendorfplatz wird eine Gedenktafel für die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus in Form eines rosa Winkels mit einem Schriftzug und einem angedeuteten Hakenkreuz beschmiert.
Berlin, November 2017
Ein Stromkasten in der Nähe des Denkmals für die ermordeten Juden Europas wird mit SS-Runen beschmiert.
Berlin, November 2017
In Berlin Neukölln werden 16 Stolpersteine, die an NS-Opfer erinnern, aus den Gehwegen gebrochen und entwendet. Gunter Demning, der Künstler, der die Stolpersteine verlegt, erklärt, bisher seien bundesweit 630 Steine aus dem Boden gerissen und geklaut worden.
Potsdam, Dezember 2017
In Babelsberg wird eine Informationstafel entwendet, die an den Antifaschisten Willi Frohwein, den Sohn eines jüdischen Vaters, erinnert. Als Zwangsarbeiter in der Rüstungsindustrie hatte Frohwein die Produktion sabotiert. Ab April 1943 war er im Konzentrationslager Auschwitz inhaftiert. Er überlebte das Lager und die Todesmärsche in die Konzentrationslager Mittelbau-Dora und Bergen-Belsen.
Oranienburg (Brandenburg), 2017
In der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Sachsenhausen wird in der Baracke 38 ein Hakenkreuz in einen Tisch geritzt.
Oranienburg (Brandenburg), 2017
In der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Sachsenhausen gibt an der „Station Z“ ein Schüler antisemitische Äußerungen von sich. Er wird Mitarbeitern der Gedenkstätte von einer Besucherin gemeldet.
Berlin, Januar 2018
In Berlin Tempelhof zeichnen Unbekannte an die Glasscheibe einer Hauseingangstür mit Fäkalien ein Hakenkreuz. Vor dem Haus befinden sich zwei Stolpersteine.
Berlin, Januar 2018
Aus einem am Denkmal für die ermordeten Juden Europas vorbeifahrenden Autos ruft der Beifahrer rief „Ich vergase euch, scheiß Juden!“
Berlin, Februar 2018
In Köpenick werden die Namen und Daten eines Stolpersteins in der Straße Alt-Köpenick mit schwarzer Schrift durchgestrichen.
Berlin, April 2018
In der Friedrichstraße wird eine Gedenktafel aus der Verankerung gerissen, die an den von der SA von März bis Mai 1933 genutzten „Gutschow-Keller“ erinnert. Der Keller eines Mietshauses diente der SA als provisorisches Konzentrationslager, in das sie Gewerkschafter, Kommunisten, Sozialdemokraten und Juden aus Wohnungen, Arbeitsstätten und von der Straße verschleppte. Es folgten tagelange Verhöre und Folter. Zahlreiche Opfer der SA überlebten die Misshandlungen im Keller des Mietshauses nicht. Die Schreie der Gefolterten waren bis auf die Straße zu hören.
Bad Freienwalde (Brandenburg), Februar 2018
Am Gedenkort für die in der Pogromnacht 1938 zerstörte Synagoge werden auf der Schotterfläche zwei Hakenkreuze und eine SS-Rune angebracht.
Berlin, April 2018
In der Hübnerstraße in Friedrichshain werden zwei Stolpersteine mit roter Farbe übermalt.
Berlin, Mai 2018
In Berlin-Halensee werden zwei Stolpersteine aus dem Pflaster gerissen und entwendet. In der Torstraße in Berlin-Mitte wird neben erst im März 2018 verlegten Stolpersteinen eine antisemitische Vernichtungsdrohung in die Bodenplatten geschmiert, verbunden mit der Drohung „Coming Soon“.
Berlin, Mai 2018
Am Wittenbergplatz wird die Gedenktafel für die Opfer der Konzentrationslager mit dem Titel „Orte des Schreckens, die wir niemals vergessen dürfen“ mit mehreren Fragezeichen beschmiert.
Berlin, Juni 2018
In das Gästebuch des Dokumentationszentrums NS-Zwangsarbeit in Treptow-Köpenick werden auf drei Seiten Hakenkreuze geschmiert.
Berlin, Juli 2018
In Lichterfelde wird ein Stolperstein beschädigt, die Messing-Oberfläche wird vom Stein entfernt.
Oranienburg (Brandenburg), Juli 2018
Ein Teilnehmer einer von der AfD-Bundestagsabgeordneten Alice Weidel nach Berlin eingeladenen Besuchergruppe aus ihrem Wahlkreis stellt in der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen die Massenmorde in Sachsenhausen und die Gaskammern infrage. Er wird 2019 vor Gericht wegen Störung der Totenruhe und Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 4000 Euro verurteilt. Nach Darstellung der Stiftung brandenburgische Gedenkstätten hatten nicht nur dieser, sondern auch mehrere andere Teilnehmer der von Weidel eingeladenen Gruppe die Existenz von Gaskammern in Zweifel gezogen. Mehrere Teilnehmer der AfD-Besuchergruppe hätten die KZ-Verbrechen verharmlost und dem Referenten der Gedenkstätte mangelnde Kompetenz und Manipulation unterstellt. Dieser brach den Besuch daraufhin ab. Einige Besucher, nach Angaben der Gedenkstätte vermutlich Teilnehmer der AfD-Besuchergruppe, die sich von der Gruppe entfernt haben, stehen in der Gedenkstätte lachend und scherzend im ehemaligen Erschießungsgraben.
Der Vorfall ist möglicherweise kein Einzelfall, erklärt Regierungssprecher Seibert: „Im Gespräch mit Vertretern von Gedenkstätten hat das Bundespresseamt Hinweise bekommen, dass es im Zusammenhang mit Besuchergruppen von AfD-Abgeordneten zu Auffälligkeiten gekommen ist.“ Bereits im Juni war es nach einem Besuch einer vom AfD-Bundestagsabgeordneten Volker Münz eingeladenen Gruppe in der Gedenkstätte zu einem Zwischenfall gekommen: Auf Facebook wurde ein Foto aus der KZ-Gedenkstätte benutzt, um die Judenverfolgung im Nationalsozialismus zu verharmlosen und diese mit ablehnenden Haltungen gegenüber der AfD gleichzusetzen.
Rangsdorf (Brandenburg), August 2018
Unbekannte stehlen eine Tafel an einem Gedenkstein für den Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Die Tafel wird samt Schrauben und Dübeln aus dem massiven Stein gerissen.
Berlin, September 2018
Unbekannte beschmieren in Köpenick den Gedenkstein des NS-Opfers Werner Sylten mit einer zähflüssigen, übelriechenden, blauen Masse. Sylten war evangelischer Pfarrer jüdischer Abstammung. Er unterstützte 1939 tausende Christen aus jüdischen Familien bei der Emigration. Sylten wurde im Februar 1941 von der Gestapo verhaftet und im KZ Dachau interniert. Werner Sylten wurde am 26.August 1942 in der NS-Tötungsanstalt Hartheim mit Gas ermordet.
Berlin, Oktober 2018
In Berlin-Mitte werden vier Stolpersteine mit Farbe beschmiert.
Berlin, Oktober 2018
In Friedrichshain-Kreuzberg wird eine Gedenktafel, die an die Deportation nach Theresienstadt erinnert, aus der Bodenverankerung gerissen.
Berlin, Oktober 2018
Am Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Homosexuellen in Berlin-Tiergarten brennen Unbekannte den Schriftzug „HIV“ in eine Steinplatte.
Eberswalde (Brandenburg), November 2018
Ein Anbau der Gedenkstätte im November 1938 zerstörten Synagoge wird mit roter Farbe und einem rund sechs Meter breiten Schriftzug beschmiert.
Frankfurt/Oder (Brandenburg), November 2018
Die Gedenkveranstaltung anlässlich des 80. Jahrestags der Reichspogromnacht am Synagogengedenkstein wird gezielt von einem Mann gestört, der unter anderem „Scheiß auf die blöden Juden!“ ruft.
Berlin, November 2018
In Berlin-Wedding werden an zwei Orten Stolpersteine mit Sig-Runen beschmiert, einem rechtsradikalen Symbol.
Berlin, November 2018
An einem Schweigemarsch zum Gedenken der ermordeten Juden Berlins anlässlich des Jahrestages der Reichspogromnacht am 9. November 1938 nehmen unter anderen Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller und andere Politiker teil. Einer der Teilnehmer ist der Berliner AfD-Landtagsabgeordnete Andreas Wild. Er trägt am Revers eine künstliche blaue Kornblume. In Österreich war die blaue Kornblume das Symbol der antisemitischen, großdeutschen Bewegung. Nach dem Verbot der NSDAP in Österreich diente es von 1933 bis 1938 als Erkennungszeichen der Nationalsozialisten. Wild erklärt, sein Blumenschmuck sei Zufall und „keine Absicht“ gewesen. Gegenüber der Presse erklärt er, die Blume sei „ein Erkennungszeichen, das wir blau orientierte Leute seit einigen Wochen tragen. Als Ausdruck zu unserer Verbundenheit zum Vaterland.“
Berlin, Dezember 2018
In Friedrichshain werden mehrere Stolpersteine mit rot-brauner Lackfarbe übersprüht
Berlin, Dezember 2018
In Friedrichshain-Kreuzberg werden die Stolpersteine für Ludwig Fass, Hermann und Margarete Gosliner, Ernst Rosenthal mit rot-brauner Lackfarbe übersprüht.
Berlin / Oranienburg, 2018
Mitglieder der NPD Berlin-Neukölln besuchen die Gedenkstätte des Konzentrationslagers Sachsenhausen (ohne Anmeldung). Am folgenden Tag posten sie Aussagen, die den Holocaust verharmlosen, bei Facebook.
Oranienburg, 2018
In der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Sachsenhausen stört ein Besucher mit revisionistischen Einwürfen („SS-Männer mussten das machen“) die Führung einer Schülergruppe.
Berlin, Januar 2019
Unbekannte beschmieren im Tiergarten am Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen die Scheibe, hinter der Videos sich küssender Paare zu sehen sind, mit schwarzer Farbe.
Berlin, Januar 2018
In der Christburger Straße, Ecke Winsstraße in Prenzlauer Berg wird der Stolperstein für Malvin Moshe Wolff zerkratzt. Wolff wurde 1943 in Auschwitz ermordet.
Berlin, Februar 2019
Am Mahnmal für die Opfer des „Generalplans Ost“ am ehemaligen Standort des „Reichskommissariats für die Festigung deutschen Volkstums“ am Kurfürstendamm wird die Glasoberfläche der Säule eingeschlagen. Das „Reichskommissariat für die Festigung des deutschen Volkstums“ war eines von zwölf SS-Hauptämtern. Sein „Generalplan Ost“ sah vor, fünf Millionen Deutsche im annektierten Polen und im Westen der Sowjetunion anzusiedeln. Die slawische und jüdische Bevölkerung dieser Gebiete, 50 Millionen Menschen, sollte unterworfen, vertrieben oder ermordet werden.
Eberswalde (Brandenburg), Februar 2019
Die im Boden eingelassene Beleuchtung am Gedenkort für die 1938 zerstörte Synagoge wird beschädigt, eine zugehörige Sitzbank mit diversen Symbolen in roter Farbe beschmiert.
Schwedt (Brandenburg), März 2019
In der Parkanlage Stengerhain wird die Gedenktafel für einen im Nationalsozialismus ermordeten Soldaten zerschlagen. Die Inschrift der Tafel: „Hier wurde im März 1945 ein junger Soldat von Faschisten erhängt, weil er den Frieden wollte.“ Der hingerichtete Wehrmachtssoldat war der 20-jährige Panzergrenadier Norbert Robert.
Der Soldat hatte in einem Flüchtlingstreck, der die Stadt passierte, seine Mutter entdeckt und sie einen Kilometer lang begleitet. Das führte, wegen „unerlaubter Entfernung von der Truppe“, zu seiner Verurteilung zum Tode.
Berlin, April 2019
In der Genthiner Straße in Berlin-Mitte werden zwei Stolpersteine aus dem Boden gebrochen und gestohlen.
Berlin, April 2019
Im Rahmen einer Besuchergruppen-Führung in der Topographie des Terrors unterbricht ein Teilnehmer ständig die Ausführungen des Guide. Einige Tage später beschwert er sich per Mail an die Gedenkstätte über die Führung und bezeichnet sowohl die Ausführungen des Guide als auch das Dokumentationszentrum insgesamt als „Propaganda”.
Spremberg (Brandenburg), Mai 2019
Am sowjetische Ehrenfriedhof werden vier bis zu 1,50 Meter große Hakenkreuze, meterlange Schriftzüge und ein Davidsstern geschmiert. Bei 57 Grabsteinen sowjetischer Soldaten werden die Namen mit Signalfarbe überschmiert.
Berlin, Mai 2019
In Berlin-Mitte wird der Gedenkstein für die Widerstandsgruppe um Herbert Baum mit roter Farbe beschmiert.
Der Elektriker Herber Baum war Kommunist und Jude. Ab 1940 musste er Zwangsarbeit leisten. Er organisierte eine Gruppe von rund 100 jugendlichen Widerstandskämpfern, die Zwangsarbeitern half, Juden beim Untertauchen unterstützte, Flugblätter verbreitete und 1942 einen Brandanschlag auf eine Propaganda-Ausstellung verübte. 28 Mitglieder der Gruppe wurden ermordet, Baum erhängte sich in der Haft im Polizeipräsidium am Alexanderplatz.
Berlin, Mai 2019
In Berlin-Buch wird das Sowjetische Ehrenmal mit schwarzer Farbe beschmiert. Es erinnert an die in der Schlacht um Berlin im April 1945 gefallenen Soldaten der Roten Armee. Auch in den vergangenen Jahren war es dort regelmäßig zu Schmierereien gekommen. Zum Jahrestag des Kriegsendes abgelegte Kränze werden immer wieder von Unbekannten zertrampelt. „Seit einigen Jahren stören Rechtsextreme den Gedenktag durch Kundgebungen und Pöbeleien am Rande, durch Drohungen, und schließlich durch das Zerstören der abgelegten Gebinde in der folgenden Nacht“, erklärt die Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes.
Berlin, Juni – September 2019
Das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen in Tiergarten wird wiederholt mit schwarzer Farbe besprüht.
Berlin, Juni 2019
Ein Unbekannter wirft in Berlin-Grunewald Steine auf die Gedenktafeln des „Gleis 17“, wobei diese zerkratzt werden.
Oranienburg (Brandenburg), Juni 2019
Auf dem Gelände der Gedenkstätte Sachsenhausen wird ein Plakat mit Zeitungsartikeln zum Tod des Filmproduzenten Atze Brauner und der Parole „Wer war das!?? Die NAZIS nicht! Es war das JUDEN Gesindel!“ angebracht.
Frankfurt/Oder (Brandenburg), Juni 2019
Unbekannte stehlen Stolpersteine an der Zufahrt zum Lennépark. Dort stand einst das Jüdische Krankenhaus der Stadt.
Schwedt/Oder (Brandenburg), Juli 2019
Vier Stolpersteinen für die jüdische Familie Meinhardt werden mit „Stolper-Aufklebern“ eines rechten Onlineshops beklebt, auf denen Namen von Personen stehen, die angeblich von Migranten angegriffen worden sind.
Wriezen (Brandenburg), August 2019
Die Gedenktafel für die während der Novemberpogrome 1938 zerstörten Synagoge wird mit orangener Farbe beschmiert.
Berlin, September 2019
Unbekannte versuchen in Berlin-Schöneberg, Crellestraße, einen Stolperstein aus dem Boden zu brechen. Dabei wird die Messingkappe des Steins beschädigt.
Neustrelitz (Brandenburg), Oktober 2019
Neben einem Gedenkstein, der an die in der Reichsprogrammnacht 1938 zerstörte Synagoge in Altstrelitz erinnert, werden zwei Bänke mit Hakenkreuzen beschmiert.
Berlin, Oktober 2019
Die Verglasung einer Informationstafel am Denkmal für die ermordeten Juden Europas wird gewaltsam beschädigt.
Berlin, Oktober 2019
Unbekannte beschmieren die Gedenk- und Informationsstätte für die Opfer der nationalsozialistischen „Euthanasie“-Morde mit rosa Farbe.
Berlin, November 2019
Unbekannte beschmieren das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen in Berlin-Mitte mit homophoben Parolen.
Berlin, November 2019
Am Gedenkort für das SA-Konzentrationslager am Wasserturm in Berlin-Pankow wird die Informationstafel gezielt beschädigt. März bis Juni 1933 nutzte die SA die Räume als provisorisches Konzentrationslager.
Lieberose, Brandenburg, Dezember 2019
An der Außenmauer der KZ-Gedenkstätte Lieberose wird die Gedenktafel für den jüdischen KZ-Insassen Szmul Kohn abgerissen und entwendet.
Berlin, Dezember 2019
Unbekannte beschädigen in Berlin-Westend ein Denkmal für Opfer der NS-Militärjustiz. Das Denkmal der Künstlerin Patricia Pisani besteht aus insgesamt 106 Verkehrsspiegel. Auf 16 Spiegeln sind Texte eingraviert, die darüber informieren, dass hier im Nationalsozialismus Befehlsverweigerer und Deserteure erschossen wurden. Mehr als 230 Getötete sind namentlich bekannt. Die Plaketten an den Spiegeln werden gewaltsam mit Zangen oder Brecheisen abgerissen, die Spiegel werden zerkratzt und mit Hakenkreuzen beschmiert.
Oranienburg, 2019
In der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Sachsenhausen fällt ein Besucher auf: Ein Schüler mit rechter Kleidung stellt provokative Fragen zur Gaskammer, in der Lagerinsassen ermordet wurden.
Oranienburg, 2019
In der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Sachsenhausen findet das Wachpersonal im Außenbereich des Zellenbaus einen verbrannten Bilderrahmen mit Hetzparolen.
Oranienburg, 2019
Besucher mit rechten Tätowierungen besuchen die Gedenkstätte des Konzentrationslagers Sachsenhausen. Als sie bemerken, dass andere Besucher und Aufsichtspersonal auf sie aufmerksam geworden sind, verlassen die rasch die Gedenkstätte.
Oranienburg, 2019
In der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Sachsenhausen werden rechte Schmierereien im Keller der Revierbaracke angebracht.
Oranienburg, 2019
In der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Sachsenhausen zeigt ein Schüler den Hitlergruß auf dem Appellplatz.
Fort / Lausitz (Brandenburg), Januar 2020
Der Gedenkstein für die Opfer des Faschismus wird mit weißer Farbe beschmiert.
Seelow (Brandenburg), Januar 2020
Am Gedenkort für die Opfer des Faschismus werden dort zum Internationalen Gedenktag an die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz niedergelegte Blumen und Gestecke zerstört. Die Gedenkstätte wurde in der Vergangenheit an diesem Datum immer wieder Ziel gezielter Sachbeschädigungen.
Roddan (Brandenburg), Januar 2020
An der Landesstraße 10 im Bereich Roddan wird eine Gedenktafel zur Erinnerung an Zwangsarbeiter und das KZ-Außenlager Glöwen umgestoßen.
Berlin, April 2020
Eine Zoom-Videokonferenz der Israelischen Botschaft mit dem Holocaust-Überlebenden Tswi Herschel zum Gedenken an die in den Vernichtungslagern Ermordeten wird von Hackern mit Hitler-Bildern und Pornos gestört.
Berlin, April 2020
Das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Juden Europas wird mutwillig beschädigt: Ein oder mehrere Täter schlagen mit zwei Hämmern vier Ecken einer Stele ab. Auf Social-Media wird ein Video der Tat hochgeladen.
Berlin, April 2020
Steinwürfe gegen die Glasscheibe am Gedenkort Lindenufer, der an die während der Novemberpogrome 1938 zerstörte Spandauer Synagoge erinnert.
Schöneiche (Brandenburg), April 2020
Gezielte Sachbeschädigung eines Gedenksteins, der an die mehr als 150 jüdischen Schöneicher Bürgerinnen und Bürger erinnert, die Opfer des Nationalsozialismus wurden.
Berlin, April 2020
Der Stolperstein für Clara Wollenberg wird gestohlen. Infolge der zunehmenden Repressionen muss Clara Wollenberg ihre Wohnung 1939 aufgeben. Die teure Einrichtung wird notgedrungen weit unter Wert verkauft. Clara Wollenberg bezieht im Mai 1941 ein teilmöbliertes Zimmer in der Giesebrechtstr. 18 in Charlottenburg. Hier wird sie Zeugin, wie nach und nach ihre Mitbewohner deportiert werden – vor dem Haus Giesebrechtstr. 18 liegen heute 21 Stolpersteine für die Opfer der Shoah. Am 1. Juni 1942 wird Clara Wollenberg aufgefordert, ihre Vermögenserklärung abzugeben. Sie füllt die Formulare sehr gewissenhaft aus und weiß nun, dass ihre Deportation unmittelbar bevorsteht. Sieben Tage später, am 8. Juni 1942, setzt Clara Wollenberg ihrem Leben ein Ende. Sie nimmt eine Überdosis Schlaftabletten, um der Deportation zu entgehen.
Berlin, Mai 2020
Am Gebäude des früheren „Berliner Zwangsarbeitsamt für Juden“ wird eine Scheibe eingeworfen. Vor dem Gebäude befindet sich eine Gedenkstele, die das Haus als ehemaliges „Berliner Zwangsarbeitsamt für Juden“ ausweist.
Berlin, Mai 2020
Die Gedenktafel für das jüdische Ehepaar Flatow, das 1944 im Konzentrationslager Auschwitz ermordet wurde, wird beschmiert. Georg Flatow war sozialdemokratischer Referent der Weimarer Reichsregierung.
Berlin, Mai 2020
In der Flyerauslage des Dokumentations-Zentrums Zwangsarbeit werden Visitenkarten und Flyer rechtsextremer Reichsbürger deponiert.
Oranienburg, Mai 2020
In die Gedenktafel am Klinkerhafen in Oranienburg werden drei Hakenkreuze eingeritzt. Im KZ-Außenlager Klinkerwerk waren Sinti und Roma, Zeugen Jehovas, Homosexuelle, jüdische und polnische Häftlinge interniert. Das Arbeitskommando Klinker war bei den Häftlingen besonders gefürchtet, da es wegen Erschöpfung und durch Misshandlungen des Wachpersonals fast täglich zu Todesfällen kam.
Berlin, Mai 2020
Am Gedenkort für Zwangsarbeiter in der Nähe des ehemaligen „Berliner Zwangsarbeitsamt für Juden“ in Friedrichshain-Kreuzberg wird gezielt ein Gedenkzeichen beschädigt.
Berlin, Mai 2020
Ein Denkmal, das im Bayerischen Viertel an eine Synagoge erinnert, die dort bis zum Kriegsende stand, wird mit einem Hakenkreuz und NS-Symbolen beschmiert.
Berlin, Juni 2020
In Kreuzberg werden zehn Stolpersteine in der Dieffenbachstraße mit schwarzer Farbe übersprüht.
Berlin, erste Jahreshälfte 2020
Im Eingangsbereich des Dokumentationszentrums der Topographie des Terrors sprechen ein Mann und eine Frau sehr laut, offensichtlich um Aufmerksamkeit zu erregen. Grundaussage: Da haben wir es wieder mal, wieder ein Ort, der alle Schuld auf uns Deutsche schiebt. Und: Kein Wort über die Russen und ihre Diktatur in der DDR. Als ein Wachmann hinzutritt, folgt der Kommentar: „Ah, jetzt hat er seinen Stasi-Mann gerufen.” Aufgrund der deeskalierenden Verhaltensweise des Guides und des Wachmanns verlassen die beiden kurz darauf das Gelände.
Berlin, August 2020
Das Denkmal „Züge in das Leben – Züge in den Tod“ in Berlin-Mitte, das an die Kindertransporte erinnert, wird mit einem Hakenkreuz beschmiert.
Berlin, August 2020
Nach einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen geht ein Mann, der ein T-Shirt mit einem sogenannten „Judenstern“ trägt, demonstrativ durch das Denkmal für die ermordeten Juden Europas. Auf den Stelen des Mahnmals lässt sich eine Gruppe von Demonstranten mit Deutschlandflaggen für ein Picknick nieder.
Berlin, September 2020
Am Denkmal für die ermordeten Juden Europas behauptet eine Person, verstärkt über einen Handlautsprecher, dass die Schoa eine Lüge sei.
Berlin November 2020
Ein Mann, der in Berlin-Kaulsdorf, Mädewalder Weg 37, die Stolpersteine für Elsa Veronika Fischl und ihre Tochter Ilse Friederike Fischl säubert, wird von zwei älteren Frauen beschimpft: Er solle sich lieber ansehen, was heute in Deutschland passiere, das sei viel schlimmer als damals.
Berlin, Dezember 2020
In Berlin-Wedding, Barfusstraße, wird an Stolpersteinen eine „Sigrune“ angebracht, ein rechtsradikales Symbol.
Berlin, Dezember 2020 / Januar 2021
Im Prenzlauer Berg wird die Gedenktafel für den Auschwitz-Überlebenden und langjährigen Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Berlin, Heinz Galinski, wiederholt beschmiert.
Falkensee (Brandenburg), Dezember 2020
Auf dem Gelände des Gedenkortes Geschichtspark wird eine in den Boden eingelassene Mülltonne mit einem Hakenkreuz und dem Schriftzug „Heil Hitler“ in schwarzer Farbe beschmiert. Die Innenseite des Mülltonnendeckels wird mit dem Schriftzug „Vergaßt die Juden“ beschmiert. Auf dem Gelände des heutigen Geschichtsparks befand sich von 1943 bis 1945 ein Außenlager des Konzentrationslagers Sachsenhausen. Die Häftlinge stammten aus nahezu allen europäischen Ländern und mussten als Zwangsarbeiter für die Rüstungsindustrie arbeiten. Viele von ihnen kamen hier um.
Wriezen (Brandenburg), Dezember 2020
Die Gedenktafel für die ehemalige Synagoge, die bei den Novemberpogromen 1938 zerstört wurde, wird aus der Verankerung gerissen.
Oranienburg, 2020
In der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Sachsenhausen werden Bilder der sowjetischen Kriegsgefangenen vor den Fundamenten der Genickschussbaracke zerkratzt. Die Kratzer lassen auf eine mutwillige Beschädigung schließen.
Oranienburg, 2020
Eine Tafel der Open-Air-Ausstellung am Gedenkort für das KZ-Außenlager Klinkerwerk in Oranienburg wird mehrmals beschädigt. Die Gedenkwand wird mit Hakenkreuzen beschmiert.
Rheinsberg (Brandenburg), Januar 2021
Die Stolpersteine für die Familie Hoffmann werden mit einem Hakenkreuz beschmiert. Lucie Hoffmann, Jahrgang 1885, wurde 1943 in Ausschwitz ermordet.
Templin (Brandenburg), Februar 2021
Die Gedenktafel für die jüdische Gemeinde an der Stadtmauer wird gezielt zerstört. Auf der Tafel war nachzulesen, wie sich jüdisches Leben in Templin seit 1320 entwickelte. Nationalsozialisten zündeten im März 1938 die dortige Synagoge an. Nach 1945 lebte noch eine Jüdin in Templin. Alle anderen jüdischen Anwohner des Ortes waren entweder Opfer des Holocaust geworden oder im Exil.
Berlin, Februar 2021
In der Brunnenstraße in Berlin-Mitte wird die Gedenktafel das Minna-Schwarz-Heim mit antisemitischen Parolen beschmiert. In dem früheren Hein für jüdisches Mütter und Kleinkinder waren ab 1940 aus ihren Wohnungen vertriebene Berliner Jüdinnen und Juden zwangsweise untergebracht. Über 100 Bewohner des „Judenhauses“ wurden in Konzentrationslager deportiert.
Berlin, Februar 2021
An der Oranienburger Chaussee in Berlin Frohnau wird die Bronzefigur gestohlen, die an das von der Heilpädagogin Annemarie Wolff-Richter geleitete Kinderheim erinnert. Annemarie Wolff-Richter wurde 1945 im Konzentrationslager Jasenovac ermordet.
Jamlitz (Brandenburg), März 2021
In der Dokumentations- und Gedenkstätte Jamlitz-Lieberose, die an das Außenlager des Konzentrationslagers Sachsenhausen erinnert, werden mehreren Informationstafeln in pinker Farbe mit der Parole „Scheiß Juden“ und einem Hakenkreuz beschmiert.
Berlin, April 2021
Ein Teilnehmer einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen lässt sich vor dem Denkmal für die ermordeten Juden Europas fotografieren. Er trägt eine Maske mit zwei sogenannten „Judenstern“ und dem Schriftzug „ungeimpft“ sowie einen großen Sticker mit „Judenstern“ (Inschrift: „Ungeimpfte sind hier nicht erwünscht!“). Nach der Auflösung der Demonstration ruft eine Person in Richtung des Denkmals für die ermordeten Juden Europas: „Denkmal der Schande!“ Am Tag nach der Demonstration werden am Denkmal 22 Aufkleber unterschiedlicher verschwörungsideologischer Gruppierungen entdeckt, die Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie mit der Schoa und der nationalsozialistischen Diktatur gleichsetzen.
Berlin, April 2021
In der Crelle-Straße in Berlin-Schönberg werden drei Stolpersteine für Mitglieder der Familie Davidsohn zerkratzt und mit Säure besprüht. Die Steine waren erst am Vortag verlegt worden. Martha Charlotte Davidsohn wurde 1942 im Alter von 77 Jahren nach Theresienstadt deportiert und dort 1943 ermordet. Erna und ihre Schwester Ilse Davidsohn wurden 1943 nach Auschwitz deportiert. Ilse Davidsohn wurde direkt nach der Ankunft ermordet, Erna Davidsohn kam im Lager aufgrund der katastrophalen hygienischen Zustände um.
Luckenwalde (Brandenburg), Mai 2021
Ein Anwohner reagiert aggressiv auf die Reinigung eines Stolpersteins durch eine Gedenkinitiative und will eine weiße Rose, die dort abgelegt wurde, entwenden. Im Verlauf der Auseinandersetzung relativierte er den Holocaust.
Berlin, Mai 2021
Die Topographie des Terrors erreicht eine Mail mit dem Inhalt: „Reißt die Holocaust-Denkmäler ab”. Nachdem die Gedenkstätte Anzeige erstattet, übernimmt das LKA Saarland die Ermittlungen.
Berlin, Mai 2021
In Berlin-Lichtenberg wird im Ortsteil Alt-Hohenschönhausen, Konrad-Wolf-Straße, ein Gedenkstein, der an die 1938 zerstörte Synagoge erinnert, mit grüner Farbe übergossen.
Berlin, Mai 2021
Der Stolperstein für Kiwe Wild in der Barfussstraße wird mit Sig-Runen beschmiert, einem rechtsradikalen Symbol, das in der völkischen Jugendbewegung und den Freikorps benutzt wurde und im Nationalsozialismus als Logo des Deutschen Jungvolks und der SS diente. Kiwe Wild wurde 1941 in Buchenwald ermordet.
Berlin, Mai 2021
Der Stolperstein für Lieselotte Moses in der Falckensteinstraße in Kreuzberg wird mit Bauschaum oder Industriekleber überschmiert. Lieselotte Moses wurde in Auschwitz ermordet.
Berlin, Juni 2021
Zwei Senioren, die Stolpersteine in der Schierker Straße putzen, werden von einem Passanten antisemitisch beleidigt.
Berlin, Juni 2021
In Kreuzberg wird der Stolperstein für Carl Jachmann in der Großbeerenstraße zerkratzt, das Messing wird teilweise abgezogen. Der Berliner Carl Jachmann wurde im Vernichtungslager Treblinka ermordet.
Berlin, Juni 2021
Gästebucheintrag in der Gedenkstätte Haus der Wannsee-Konferenz: „Will dieses Volk (das Deutsche), jetzt etwa die ‚Ungeimpften‘ aussondern, vertreiben und vernichten? Wenn ja: Dann habt Ihr alle nichts begriffen. Friede! Freiheit! Demokratie! Gott rette Deutschland! AMEN!“
Oranienburg (Brandenburg), Juli 2021
Der Gedenkstein für die ehemalige Synagoge wird mit einem Hakenkreuz beschmiert. Die Synagoge wurde bei den Novemberpogromen 1938 zerstört.
Cottbus (Brandenburg); August 2021
Der Gedenkstein für die bei den Novemberpogromen 1938 zerstörte Synagoge an der Karl-Liebknecht-Straße wird mit roter Farbe beschmiert.
Jamlitz (Brandenburg), August 2021
Am Mahnmal für die jüdischen Opfer des Konzentrationslagers Sachsenhausen wird eine auf einer Urnenplatte angebrachte Blumenschale gewaltsam beschädigt.
Berlin, September 2021
In Pankow wird die Gedenktafel, die an den Journalisten und Pazifisten Carl von Ossietzky erinnert, gewaltsam zerstört. Carl von Ossietzky Antifaschist starb am 4. Mai 1938 im Pankower Krankenhaus Nord an den Folgen der jahrelangen schweren Misshandlungen in mehreren Konzentrationslagern.
Berlin, September 2021
Das Denkmal „Züge in das Leben – Züge in den Tod“ in der Nähe des S-Bahnhofs Friedrichstraße wird mit einer öligen Flüssigkeit übergossen und beschmutzt. Das Denkmal erinnert an Kinder, die während des Nationalsozialismus ermordet wurden oder flüchten mussten.
Oranienburg (Brandenburg), November 2021
Unbekannte Täter beschmieren Türen einer öffentlichen Toilette am Besucherparkplatz vor dem Gelände der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Sachsenhausen mit einem Hakenkreuz und verschiedenen Ziffern.
Berlin, November 2021
An der Gethsemanekirche in Prenzlauer Berg aufgestellte Gedenktafeln für im Holocaust ermordete jüdische Berlinerinnen und Berliner aus der Nachbarschaft werden zerstört. Die Tafeln wurden anlässlich des Gedenktages am 9. November aufgestellt.
Mittenwalde (Brandenburg), Dezember 2021
Am früheren jüdischen Friedhof werden zwei Informationstafeln aus ihrer Verankerung gerissen. Der Friedhof Mittenwalde wurde während der Reichspogromnacht 1938 durch die Nationalsozialisten geschändet und ist heute eine Gedenkstätte.
Quellen: Presseberichte, Interviews mit Gedenkstättenmitarbeitern, Meldungen von Reporting Antisemitism (RIAS), Polizei-Meldungen, Protokolle von Sitzungen des Abgeordnetenhauses.
Der Autor bedankt sich für die Unterstützung von RIAS und der Topographie des Terrors.

