Die deutsche Start-up-Szene wächst, und Berlin als Hotspot bekommt den Druck der Konkurrenz zu spüren – das sind die wichtigsten Ergebnisse der fünften Studie, die der Bundesverband der Start-up-Unternehmen in Auftrag gegeben hatte.
Start-ups, das sind die jungen, dynamischen Unternehmen, die viele Bereiche der Gesellschaft und der Wirtschaft in den vergangenen Jahren massiv beeinflusst haben. Vor allem US-Unternehmen wie Google und Facebook sind so entstanden, auch die Zimmervermittler von Airbnb und der Fahrdienst Uber gehören dazu. Und in Deutschland zählen inzwischen die Gründer von Rocket-Internet zu den reichsten Unternehmern. Gute Geschäftsideen sind Milliarden wert. Deshalb sind Firmengründer so gefragt.
Berlin galt jahrelang als die Stadt mit dem besten digitalen Öko-System, mit der besten Infrastruktur und den mutigsten Geldgebern. Doch die Studie zeigt, dass die Konkurrenz nicht schläft. Zwar ist Berlin mit 16,8 Prozent (Vorjahr 17 Prozent) noch deutlich in Führung, aber auch in bisher kaum beachteten Regionen erwacht das junge Unternehmertum. Das liegt auch daran, dass inzwischen viele Hochschulen ihre Angebote an das moderne Wirtschaftsleben angepasst haben und die Studenten gerne ihre Firmen dort gründen, wo sie sowieso schon leben.
Ungleiche Geschlechterverhältnis
Die Top-Gründerhochschule ist die Technische Universität in München, vor dem Karlsruher Institut für Technologie, erst auf Platz sechs folgt die TU Berlin. Auch im internationalen Vergleich ist die Konkurrenz für Berlin in den vergangenen Monaten härter geworden. Das zeigte zwar nicht die nationale Studie, aber London und Tel Aviv werden immer wieder als Konkurrenten genannt, auch Paris, das im Frühjahr den größten und modernsten Start-up-Inkubator erhielt, kämpft sehr erfolgreich um die besten Ideen und Geldgeber.
Die in Berlin vorgestellte Studie zeigt auch, dass in der Bundesrepublik insgesamt noch viel zu tun ist. Besonders in Bezug auf Gründerinnen müsse es Veränderungen geben, sagte Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries. Die Frauenquote hat sich zwar zum dritten Mal infolge erhöht, bleibt aber mit 14,6 Prozent weiterhin niedrig. Das beschäftigt auch den Start-up-Verband: Eine Studie über Gründerinnen sei in Arbeit, sagte Verbandschef Florian Nöll. Ursachen für das ungleiche Geschlechterverhältnis könnten nach seiner Einschätzung darin liegen, dass männliche Investoren verstärkt in Männer investieren. Das sei besonders im Zusammenhang mit Risikokapitalbeteiligungen ein Problem.
An der Studie, erstellt von einem Forscherteam der Universität Duisburg-Essen und herausgegeben vom Wirtschaftsprüfungsunternehmen KPMG, haben sich deutschlandweit 1837 von ihnen beteiligt – und damit 4245 Gründerinnen und Gründer und knapp 20.000 Mitarbeiter.
Viele Einstellungen im neuen Jahr geplant
Mit ihrer Studie wollen die Macher auch Impulse an die Politik senden. Die Unternehmen profitieren von Gründern und Fachkräften aus dem Ausland. In Berlin stammt die Hälfte der Mitarbeiter in Start-ups aus dem Ausland, bei den Gründern selbst sind es knapp 15 Prozent. Deshalb sei besonders die Berliner Szene geradezu von internationalen Mitarbeitern abhängig – aber auch besonders attraktiv, sagte Nöll dazu. Um diesen Standort zu sichern, ist die Politik gefragt: „Wir bewegen uns viel zu langsam, wenn es darum geht, diese Talente aus aller Welt willkommen zu heißen“, sagt der Verbandsvorsitzende. „Wir müssen unseren Status als Einwanderungsland erkennen.“ Deswegen hofft er auf ein Zuwanderungsgesetz der neuen Bundesregierung. Besonders bei Gründerinnen und bei der Internationalisierung sehen die Macher der Studie noch viel Potenzial. Start-ups, sagte Ministerin Zypries bei der Vorstellung der Ergebnisse, seien ein Knackpunkt für die kommenden Koalitionsverhandlungen: „Wir lernen, was die Politik in den nächsten Jahren besser machen muss.“
Außerdem kritisieren nach Angaben des Start-up-Verbandes viele Gründer die bürokratischen Barrieren, mit denen sie und ausländische Fachkräfte zu kämpfen haben. Das ist besonders für 82,7 Prozent der Unternehmen wichtig, die sich internationalisieren wollen und sich mehr Zugang zum europäischen und weltweiten Markt erhoffen.
Viele Unternehmen wollen im kommenden Jahr mehr Mitarbeiter einstellen, ganz besonders in Berlin. Im Schnitt sollen allein in der Hauptstadt 14,4 neue Mitarbeiter pro Unternehmen eingestellt werden, im Bundesvergleich sind es lediglich 7,5 Mitarbeiter.