Wie sich die Zeiten geändert haben, zeigt sich auch am Gartenzaun. Besser gesagt: an den Gartenzaungesprächen. Das sind keine Stammtischgespräche, denn beim Bier werden schon mal harte politische Debatten geführt, am Gartenzaun geht es eher um den Alltag. Die Themen vom Stammtisch und Gartenzaun geben ganz gut die Lage der Nation wieder.
Und die scheint nicht gut zu sein. Das zeigte sich im Gartenzaungespräch nach dem großen Herbstputz. Die Dürre der vergangenen Jahre hatte ein paar Bäume und Büsche absterben lassen. Die Motorsäge und ich hatten im Garten meiner Mutter reichlich zu tun, um all die Bäume von den toten Ästen zu befreien. Der Berg wuchs und wuchs.
Früher haben wir das Holz zersägt und gespalten, dann gestapelt und getrocknet und schließlich verfeuert. Feine Sache. Das war Mitte der 1970er-Jahre. Da saß ich als Kind abends auch noch im Gartenhäuschen unter der Petroleumlampe und las „Der schlaue Urfin und seine Holzsoldaten“. Irgendwann bekamen wir Strom. Nach dem Mauerfall ersetzten wir den Ofen im Gartenhaus durch eine moderne Ölheizung.
Das Holz sammelten wir weiter und machten jedes Jahr ein Osterfeuer. Feuer im Garten sind inzwischen verboten.
Ich hätte gern wieder einen Ofen
Wohin also nun mit dem Holz? In Zeiten von Krieg und Energiekrise hätten wir gern wieder einen Ofen. Haben wir aber nicht. Also lud ich den Kofferraum voll und wollte zum Wertstoffhof. Ganz vorbildlich. Als ich das Gartentor öffnete, kam es zum Gartenzaungespräch. Der Nachbar hatte die Kettensäge gehört und fragte mit großen Augen nach dem Holz.
Noch nie in den vergangenen 30 Jahren haben wir uns über unsere Heizungen unterhalten, nun erzählte er von seinem Kamin und zeigte auf den Tank seiner Gasheizung. Er sagte, dass er Gas gleich nach Kriegsbeginn gekauft habe und er deshalb nur 40 Prozent mehr als im Vorjahr zahlen musste.
Er erzählte auch, dass er seit längerem im nahen Wald nachschaue, ob mal wieder jemand illegal Baumstämme abgeladen habe. „Aber inzwischen findet sich da fast nichts mehr“, sagte er. „Neulich habe ich ein paar schöne dicke Äste gesehen. Aber als ich eine Stunde später mit der Schubkarre anrückte, hatte längst jemand das Holz abgeholt.“ Dafür brachte ich ihm nun 16 Karren voller Holz.
Am nächsten Morgen sah ich, dass ich ein paar dicke Äste in der Hecke vergessen hatte. Ich dachte, die Nachbarn werden nun sicher sagen: „Nicht noch mehr.“ Doch die Nachbarin lächelte: „Der Winter wird sicher lang.“


