Kolumne

Bundeswehr-Soldat über die DDR: „Als Deutscher wollte ich nicht auf Deutsche schießen“

Unser Autor war in einer Kaserne in Cuxhaven stationiert, als er seine ethischen Grenzen verteidigen musste. Eine Kolumne.

Ein Soldat der DDR-Grenztruppen schaut über eine zerstörte Mauer. Ein Foto vom 12.11.1989.
Ein Soldat der DDR-Grenztruppen schaut über eine zerstörte Mauer. Ein Foto vom 12.11.1989.imago images/imagebroker/Rosseforp

Der „Bau“ ist ein kleines Militär-Gefängnis. Meistens geteilt in zwei Räume, Zelle sagt man hier nicht. Die Bundeswehr hatte in den 80er Jahren derartige „Disziplinierungsorte“, deren Insassen wegen verschiedener Vergehen einsaßen. Sie hielten sich dort nie lange auf, denn Freiheitsentzug war und ist ein hohes Menschengut und erst nach richterlichem Beschluss möglich.

Eigentlich. Aber in der Armee herrschen andere Gesetze; natürlich muss die Menschenwürde unbedingt gewahrt werden, aber die Vorschriften ließen intern das „Einknasten“, wie es damals hieß, durchaus zu. Insbesondere bei Befehlsverweigerung drohte die Einbuchtung. Wir waren Anfang der 80er Jahre im schönen Cuxhaven in der Kaserne bei Altenwalde stationiert. Abends gingen wir zum Stand an die Nordsee, tranken viel Bier und spielten Karten. Aber zurück in der Kaserne war die gute Laune bald vorbei.

Ich bin, soweit ich es hören kann, ein unbescholtener Mensch und den Begriff „Gefängnis“ kannte ich damals höchstens aufgrund der Berichterstattung über die Terrorgruppe RAF. Oder aufgrund meines eifrigen Lesens unvergesslicher Krimis; Raymond Chandlers „Der große Schlaf“ oder Dashiell Hammetts „Der Malteser Falke“ lagen unter meinem Kopfkissen, gelesen mit kleiner Taschenlampe, weil die Kameraden, müde vom Exerzieren, schon schliefen und schnarchten.

Berliner Zeitung

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