Berlin- Es ist fast wie früher. Als die Arena Berlin in Treptow noch kein Impfzentrum sondern Ort für Konzerte und Partys war. Endlich gibt es in der Halle wieder eine Bühne, auf denen DJs auflegen, deren Elektrobeats aus Lautsprecherboxen bis nach draußen dröhnen. Es ist die erste Impfparty in Berlin, die an diesem Montag in der Arena von 20 Uhr bis Mitternacht dauern soll. Der Andrang ist groß. Bereits eine halbe Stunde vor Beginn warten über 150 Menschen auf Einlass. Sie kommen nicht nur, um zu tanzen. Sie wollen sich vor allem mit einem kleinen Piks vor Corona schützen.
Die Erste ist Lem Saglann. Sie ist gekommen, um ihre 16-jährigen Zwillinge Aly und John impfen zu lassen. Die US-Amerikanerin aus Miami macht mit ihren Kindern Ferien in Berlin. „Ich habe von Freunden von dieser Party gehört“, sagt die Mutter. Tochter Aly ist begeistert: „Ich wollte unbedingt hierher. Auf einer Party sich gegen Corona impfen zu lassen, so etwas cooles gibt es bei uns nicht.“
Das sei schon eine außergewöhnliche Aktion, meint die 27-jährige Laura Wondolleck. Ihr Mann Ron habe sie überredet, zu der Impfparty zu gehen. „Ehrlich, ich habe vor jeder Spritze Angst“, sagt sie. „Aber mit Musik geht ja bekanntlich alles besser.“ Aus Hellersdorf reiste das Rentner-Ehepaar Renate und Detlef Koslowski an. Die moderne Musik sei nicht wirklich nach ihrem Geschmack. „Aber ich brauche endlich die Impfung“, sagt Detlef Koslowski. „Da unsere Hausärztin im Urlaub ist, nutzen wir nun die Impfparty.“
Drei Impfpartynächte, 19 DJs legen auf
Offiziell heißt die Impfparty „Lange Nacht des Impfens“. Insgesamt sind drei geplant. Nach dem Start am Montag soll es weitere Impfpartys am Mittwoch (11. August) und am Freitag (13. August) geben. 19 DJs sorgen im Impfzentrum für Partystimmung – wie das DJ-Duo „Tiefschwarz“ der Techno-Brüder Alexander „Ali“ und Sebastian „Basti“ Schwarz, Henning Baer, DJ und Musikproduzent Phonique oder Gloria Viagra. Und das Publikum braucht vorab keinen Impftermin, um bei der Impfnacht dabei zu sein.

Trotz der dröhnenden Elektrobeats kommt nach dem Betreten des Zentrums kaum Partystimmung auf. Zunächst gilt es erst einmal, die für die Impfung gegen Corona notwendigen medizinischen Schritte zu absolvieren. Personalien werden aufgenommen, Pflegepersonal, das vorab negativ auf Corona getestet wurde, führt Belehrungen durch. Im Wartebereich füllen die Besucher die Einverständniserklärungen aus.
Auf dem Weg in die Impfkabinen, wo die Vakzine von Biontech/Pfizer und Johnson & Johnson geimpft werden, geht es dank der heißen Rhythmen der DJs schon lockerer zu. Ein Piks, dann der Eintrag und Stempel in den Impfausweis – jetzt kann gefeiert werden.
Getanzt wird nicht, als coole Drinks wird Wasser in Tetra-Paks serviert
Doch eine Impfparty ist nun einmal keine echte wie in den Clubs. Richtiges Feiern mit Tanzen ist nicht möglich. In dem Wartebereich hinter den Impfkabinen, in dem sich jeder auch bei normalen Impfungen in der Arena unter ärztlicher Kontrolle aufhalten muss und Maskenpflicht besteht, sollen die jungen Leute eher zu der Musik der DJs „chillen“. Bereits vor der Arena machen Ordner den Impfwilligen klar, dass auch in der Halle die Abstandsregeln eingehalten und FFP2-Masken getragen werden müssen. „Tanzen geht da nun wirklich nicht“, sagt ein Helfer. Aber mit Getränken könne man beim Chillen auf die Impfung anstoßen. „Nichts alkoholisches“, sagt der Helfer. „Es wird Wasser in Tetra-Paks gereicht.“
Nach Ende der rund 30 Minuten langen Erholungsphase, die für jeden Impfwilligen auch an normalen Tagen im Impfzentrum vorgeschrieben ist, gehen dann auch schon viele Gäste der Impfparty nach Hause.

„Impfen ist wichtig, wenn man in das Berliner Nachtleben eintauchen will“
Die Clubcommission, das Berliner Rote Kreuz als Betreiber des Arena-Impfzentrums und die Senatsgesundheitsverwaltung hatten gemeinsam die Idee zu der Impfparty. Ziel der Aktion ist es, die Impfkampagne in Berlin aufgrund wieder ansteigender Inzidenzwerte anzukurbeln und vor allem mehr junge Menschen zur Impfung zu locken. Nach Angaben der Gesundheitsverwaltung sind auch Impfungen für Jugendliche ab 16 Jahren möglich, die dafür eine schriftliche Einwilligung ihrer Eltern brauchen.
In Berlin sind laut Lagebericht des Senats 61,6 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal gegen Corona geimpft. Bei 53 Prozent ist der Impfschutz vollständig. Impfen und dabei Party-Feeling erleben: Für Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) ist das kein Widerspruch. „Berlin kann impfen, Berlin kann Party – jetzt machen wir beides zusammen“, so bewarb sie im Vorfeld die Aktion.
Für die Clubcommission ist das der richtige Weg. „Die Aktion soll zeigen, dass das Impfen wichtig ist, wenn man wieder in das Berliner Nachtleben eintauchen will“, sagt Sprecher Lutz Leichsenring. „Allein mit Corona-Test werden die Veranstaltungen künftig nicht machbar sein. Es wäre besser, wenn eine große Anzahl der Menschen durchgeimpft ist.“


