Berlin - Die SPD in Mitte hat am Wochenende einen Machtwechsel vollzogen. Nach zehn Jahren als Vorsitzender des Kreisverbandes trat Bezirkbürgermeister Christian Hanke nicht mehr an. Zum neuen Kreischef wurde der 44-Jährige Boris Velter, Mitarbeiter der brandenburgischen Staatskanzlei, mit 83 Prozent der Stimmen gewählt. Hanke, der den so genannten rechten SPD-Kreis „Aufbruch“ führt, hatte am Sonnabend seine Kandidatur zurückgezogen – und damit den Weg für den Kompromisskandidaten Velter frei gemacht.
Velter hat früher im Stab der Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt gearbeitet. Parteifreunde beschreiben ihn als „Pragmatiker“. Er gehört weder dem „Aufbruch“ noch einem anderen SPD-Kreis an.
Modell fürs Land
Die Machtverschiebung könnte nicht nur auf Kreisebene bedeutsam sein, sondern bis auf die Landesebene ausstrahlen. Kann Mitte ein Modell sein für einen Machtwechsel an der Spitze des Landesverbandes? Dies ist eine Hoffnung, die ein hochrangiger Vertreter des linken Flügels formuliert. „Wir müssen vom Feind-Freund-Denken weg“, sagt er.
Bisher war der Feind für die Linken Michael Müller. Der bisherige Landeschef soll nicht wiedergewählt werden. Als Argument wird angeführt, dass Müller nun Senator unter Rot-Schwarz sei und man eine Trennung von Regierung- und Parteiamt brauche.
Doch wie übertragbar ist das Mitte-Modell? Tatsächlich ähneln die Verhältnisse im Bezirk Mitte denen im Land Berlin in groben Zügen: Wie auf Landesebene ist die SPD zersplittert, wie auf Landesebene waltet im Bezirksamt eine Koalition aus SPD und CDU, die Hanke geschmiedet hatte, nachdem die Verhandlungen zwischen SPD und Grünen gescheitert waren. Hanke wollte Bezirksbürgermeister bleiben, dafür machte er der CDU Zugeständnisse, die Konservativen bekamen das wichtige Stadtentwicklungsressort, setzten die Extremismusklausel durch. Die Kreis-SPD war empört.
Mutmaßlicher Herausforderer
Wenn man das Beispiel Mitte bis zum Ende auf Berlin überträgt, würde das bedeuten, dass sich Müller sozusagen freiwillig zurückziehen würde. Danach sieht es im Moment nicht aus. Kürzlich brachte er ins Gespräch, dass der Parteichef per Mitgliederentscheid bestimmt werden soll – und nicht auf dem Parteitag durch Delegierte. Die SPD-Linke bewertet die Basisbefragung eher skeptisch. „Mein Eindruck ist: Die Partei schreit nicht danach“, sagt ein führender SPD-Linker.