Berlin-Mit dem Humboldt-Forum im jüngst eröffneten Stadtschloss ist es wie mit vielen Sehenswürdigkeiten in Berlin: Einheimische gehen oft erst hin, wenn sich Besuch von außerhalb angesagt hat. Ein Fehler. Das Humboldt-Forum ist ein Ort, der sich mit nur einem Besuch nicht erfassen lässt. Das Ethnologische Museum und das Museum für Asiatische Kunst, die Berlin-Ausstellung des Stadtmuseums „Berlin Global“, eine Schau für Kinder und Familien und vieles mehr laden ein, das Forum immer wieder neu zu entdecken. Dabei sollte man sich einen ganz besonderen Ort nicht entgehen lassen.
Berlin und die Welt – aufs Engste verwoben
Im „Weltstudio“, das direkt neben der Schau „Berlin Global“ angesiedelt ist, gibt es nämlich einzigartige Maschinen zu entdecken, die auf spielerische Art zeigen, wie wir Berliner und Menschen aus aller Welt miteinander vernetzt und verwoben sind. Berlin ist ein Dorf, ja. Aber ein globales.
Hinter einer Glastür im ersten Obergeschoss verbirgt sich eine Manufaktur der besonderen Art. Im „Weltstudio“ können Besucher an drei Maschinen ihre Beziehungen zu Berlin und zur Welt sichtbar machen und vielleicht einen echten Geheimtipp mit nach Hause nehmen. Ausgedacht hat sich das partizipative Angebot Kuratorin Constanze Schröder.
„Menschen wollen Dinge berühren, sie wollen etwas Haptisches“, sagt die 54-Jährige. Und so lädt gleich an der ersten Station ein Webstuhl dazu ein, die eigene Herkunft gemeinsam mit anderen Besuchern zu einem langen Teppich zu verknoten. Die Farbe des Fadens symbolisiert die Herkunft aus einer der vielen Gegenden der Welt. Das Farbmuster des Flickenteppichs, der im Laufe der Zeit entsteht, ist so vielfältig wie die Menschen, die nach Berlin kommen.
In diesem Raum gibt es keine Displays, Screens und Animationen, sondern Garnspulen, Schneidezangen, Papier und Werkzeug. Der Raum funktioniert generationenübergreifend. Jung und Alt gehen gleichermaßen neugierig an die Stationen heran. Und weil es nicht überall Erklärtafeln gibt, kommt man schnell ins Gespräch darüber, wie hier was funktioniert und gedacht ist.
Tipps per Kugelbahn
Das Herzstück dieser Mitmach-Ausstellung ist ein Kugelkartograf. Kugel was? Eine schwere Holzkugel donnert rasselnd über ein Stahlgerüst einer handgeschmiedeten Kugelbahn, welche bis zu Decke des Raumes ragt. Mit einer Kurbel hat Karoline Krause aus Magdeburg ihre Kugel nach oben auf eine Rampe bugsiert. Gespannt verfolgt sie nun die Reise der Kugel, in deren Inneren ein gefalteter Zettel steckt. Auf ihrer ganz persönlichen Landkarte hat Krause zuvor den Weg zu einem ihrer Lieblingsorte auf der Welt beschrieben.

„Das kann die beste Eisdiele in Neapel sein, oder eine idyllische Bank am Spreeufer“, erklärt Constanze Schröder. Ist eine Kugel oben angekommen, stößt sie mit einem dunklen Plopp andere an. Schließlich fällt eine Kugel, die die schon am längsten in der Bahn liegt, herunter und man kann die Karte darin herausnehmen: der Geheimtipp eines oder einer anderen als einzigartiges Berlin-Souvenir. Da sind Tipps in chinesischen Schriftzeichen verborgen, oder Orte, die in keinem „Lonely Planet“-Reiseführer stehen.
Dem Schicksal wird hier die Möglichkeit geboten, täglich kleine Wunder zu präsentieren: Ein schöneres Berlin-Souvenir ist wohl nirgendwo anders zu bekommen. Auf Karoline Krauses Karte etwa hat ein vierjähriger Theodor einen weisen Rat gegeben: „Liebe Deine Familie“, steht auf der Karte.
Ein dritter Kartograf, der Personenkartograf, lädt dazu ein, auf großen Vordrucken ein Poster zu gestalten, welches sich mit der Frage auseinandersetzt, inwieweit man selbst als Weltbürger mit der Welt verbunden ist. Schablonen und Anregungen kitzeln Kreatives auch aus demjenigen hervor, der zunächst glaubt, nichts mit dem Vorhaben anfangen zu können. Die Poster werden dann selbst Teil der Ausstellung oder können mitgenommen werden.
Das Weltstudio will das Museum für viele Menschen öffnen. Hier trifft Berlin die Welt – und die Welt trifft Berlin. Dabei lassen sich eigene Ideen gleich vor Ort entwickeln und in die Tat umsetzen. Das Studio richtet sich an alle: Familien, Schulklassen, Erwachsene, Communitys, Vereine, Aktivistinnen und Aktivisten. Wer Ideen für Projekte hat, findet hier offene Ohren. Wer, wenn nicht wir Berliner könnten diese Bühne vielfältig bespielen?
Noch bis Mitte November ist der Besuch des Humboldt-Forums kostenfrei. Es sind lediglich Zeitfenster-Tickets zu buchen. Da aber lohnt es sich, schnell zu sein.
