Berlin-Die vierte Welle tobt. In 163 der insgesamt 2811 Berliner Kitas sind aktuell Coronafälle gemeldet, sagt ein Sprecher der Bildungssenatorin, 110 davon sind deshalb in Teilen und 17 komplett geschlossen. Das sind zusammen viereinhalb Prozent. Andere Einrichtungen befinden sich in Prüfung.
Im vergangenen Frühjahr griff die sogenannte Bundesnotbremse ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 165 auch in die Öffnungen von Betreuungseinrichtungen ein. Jetzt, zu Beginn des zweiten Corona-Winters, gibt es eine bundesweite Inzidenz von 452. Doch auch wenn es diesmal eine laut Bildungssenat „insgesamt hohe Impfquote“ bei Erzieherinnen und Erziehern gibt, lässt die Wirkung der Zweitimpfung bei vielen langsam nach. Wer noch keine Drittimpfung bekommen hat, muss von einem nachlassenden Schutz ausgehen. So lange noch keine Empfehlung der Ständigen Impfkommission für Kleinkinder da ist, sei es umso wichtiger, so berichten Erzieher und Eltern, die Kinder flächendeckend und regelmäßig zu testen.
Die Verunsicherung ist groß, bei Eltern, Erziehern, Kindern
Denn der Regelbetrieb hat Priorität – für die Kinder mit dem Ziel, das Angebot einer anderen Normalität abseits der Inzidenzen zu schaffen, der Versuch, Beständigkeit und Betreuung herzustellen, Erziehungsberechtigte zeitlich zu entlasten. Kitas sind vermutlich unter jenen Einrichtungen, die als letzte schließen werden, selbst wenn Schulen in den Wechselunterricht oder vorgezogene Ferien gehen. Trotzdem ist die Verunsicherung groß.
Bisher waren Schnelltests in Kitas für die Kinder keine Pflicht. Eltern haben Anspruch auf zwei Tests die Woche, die ihnen das Personal entweder ungefragt oder auf Nachfrage mit nach Hause gab, wie Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) der Berliner Zeitung vergangene Woche im Interview berichtete. Für das Testen selbst sind die Erziehungsberechtigen verantwortlich.
Fragt man bei Eltern und Erzieherinnen nach, berichten viele vom Gefühl, einer Ansteckung ständig ausgeliefert zu sein. „Die Kinder kommen weitgehend ungetestet“, vermutet eine Erzieherin aus einer Einrichtung in Mitte, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. Dabei macht sie den Eltern nicht einmal einen Vorwurf. „Für Kita- und für Krippenkinder ist das Testen durch die Nase ein absoluter Albtraum. Wenn man das morgens macht, ist der Tag gelaufen“, sagt sie.
Dazu kommt, dass viele Kinder kaum Symptome haben, oder sie haben Symptome, die nicht direkt auf eine Corona-Erkrankung schließen lassen. „Ich glaube, dass wir Kinder mit Corona haben und es nicht mitkriegen. Die Kitas sind sowieso voller Viren – egal ob Magen-Darm, Hand-Fuß-Mund-Krankheit oder einfach Schnodder in der Nase“, sagt die Erzieherin aus Mitte. Es sei schwer, da angemessen zu reagieren. Manche seien ängstlicher als andere, aber sie versuchten, gefasst zu bleiben. „Wir sind eben in einem Beruf, den können wir nicht vom Schreibtisch machen. Und in dem Moment, wo man nicht da ist, ist das Team unterbesetzt. Das ist für den Rest heftig“.
Schwer, bei Kindern Corona zu erkennen
Um die Betreuung am Laufen zu halten, arbeiten Erzieherinnen ohnehin unter großer Belastung. Es mangele an Leuten, ständig sei jemand krank oder in Quarantäne, berichtet eine Erzieherin aus Neukölln. In ihrer Einrichtung wechselten Kolleginnen oft nach nur kurzer Zeit aus Frust die Arbeitsstelle wieder. Wenn ein Mitglied des Teams positiv auf das Coronavirus getestet ist, müssen die anderen auch nach engem Kontakt mit dem oder der Betroffenen weiterarbeiten, sofern sie geimpft sind. Vom Gesundheitsamt gibt es keine Quarantäne, keinen PCR-Test.
Sowieso, das Gesundheitsamt. Cem Erkisi, Personalrat der Kindertagesstätten Südost, hat sich gerade selbst mit Corona angesteckt. Weil er zweifach geimpft ist, verlaufe die Krankheit zwar milde, sagt er hörbar verschnupft am Telefon. Vom zuständigen Amt hat er in der knappen Woche seit seiner Ansteckung nichts gehört. Die direkten Arbeitskolleginnen arbeiten weiter. „Solange du geimpft bist, kannst du arbeiten. Das ist der Unterschied zu vorher“, sagt Erkisi.
Laut Bildungssenat sollen die kindgerechteren Tests ab Mitte Januar an die Einrichtungen geliefert werden. Bei den sogenannten Lollitests müssen die Kinder weder Speichel für die Spucktests im Mund sammeln, noch sich der unangenehmen nasalen Prozedur unterziehen. Diese Methoden sind Kindern schwer vermittelbar. „Wir reden hier von Kleinkindern. Die wissen nicht, was wir von ihnen wollen“, sagt Erkisi.



