Kultur

Was tun am Wochenende? Die Kulturtipps der Berliner Zeitung

Wir haben die großen kulturellen Highlights dieses Wochenende versammelt. Mit dabei: Brasilianische Vibes im Festsaal Kreuzberg, Ikarus-Flügel und japanische Fotografie.

Uroš Pajović / BLZ

Nieten statt Wachs: Der Mythos vom Fliegen

Die Schaubude geht mit einer Open-Air-Produktion in das Berliner Kultursommerfestival. Das Engeneering Theatre Akhe braucht für seine raumgreifenden Installationen aus Industrieschrott ziemlich viel Platz und sprengt nicht nur jede Kasperbrett, sondern auch jede Stadttheaterbühne. Zumal neben viel Akrobatik auch Wasser, Rauch und Feuer zum Einsatz kommen. Dafür verzichten die Akteure auf Text. 

„Ikarus“: Ein Open-Air-Spektakel des Engeneering Theatre Akhne
„Ikarus“: Ein Open-Air-Spektakel des Engeneering Theatre AkhneTaya Ovod

Den thematischen Rahmen dieses Theaterspektakels zwischen modernem Zirkus, Körpertheater und Installation bildet der Mythos von Ikarus, der bekanntermaßen an seiner Hybris scheiterte, indem er ein leider entscheidendes konstruktionstechnisches Detail übersah: Die Flügel der Apparatur seines Vaters Daidalus waren mit Wachs befestigt, das schmolz, als Ikarus der Sonne zu nah kam. Da verlassen sich die Akhe-Leute beim Fliegen lieber auf rostige Traversen und Stahlseile. Ulrich Seidler

Ikarus Fr. 21 Uhr in der Malzfabrik Schöneberg, Bessemerstraße 2-14, Eintritt frei, Anmeldung erforderlich unter www.schaubude.berlin


Daido Miriyama im C/O Berlin: Intimität verpaart mit Rohheit

Der japanische Fotograf  Daido Moriyama ist einer der rückhaltlos mutigsten seiner Zunft in dieser Zeit, nichts ist geschönt, nichts dem  merkantilen Zeitgeist abgepasst. In der Berliner Foto-Instanz C/0  können wir es sehen: Bei ihm verpaaren sich Mensch und Stadt, Intimität und Rohheit, Empathie und ungeschützter Draufblick, Poesie und Radikalität. Unschmeichelhaft grobkörnig und hart im Kontrast sind seine schwarz-weiß-Aufnahmen, verkantet, angeschnitten, verwackelt - und doch ganz nah am Objekt. Damit ist der 1938 in Osaka Geborene einer der wichtigsten Fotokünstler der gegenwärtigen japanischen Szene. Ihm ist inzwischen sogar eine Kinofilm gewidmet.

Maskuline Körperperformance, die auch an Gewalt und Krieg denken lässt: Daido Moriyamas „Untitled, Hayama, 1967“
Maskuline Körperperformance, die auch an Gewalt und Krieg denken lässt: Daido Moriyamas „Untitled, Hayama, 1967“Daido Moriyama Photo Foundation

Seit den späten 1960er Jahren galt sein Stil als Sinnbild der japanischen Moderne unter US-amerikanischem Einfluss. Zumindest seine frühen Arbeiten aus den späten 1960er und frühen 1970er-Jahren können als Ausdruck des explosiven urbanen Wandels gesehen werden. Inspiriert durch Reisen in die USA, etwa von Andy Warhol und dessen ironisch-sarkastisches Spiel mit dem Konsumrausch der amerikanischen Gesellschaft, wurde der Japaner Straßenfotograf New York und längst in viele anderen Metropolen und sozialen wie kulturellen Brennpunkten der Welt. Seit den Neunzigerjahren indes hält Fragmentarische, Unfertig, Rohe und auch Schwermütige Einzug in seine Aufnahmen. Und die Motive werden immer grafischer in ihrer Wirkung: Körper. Bauten. Stadträume, Natur. Ingeborg Ruthe

Daido Moriyama. Retrospective, C/O Berlin, Amerikahaus , Hardenbergstr. 22-24, bis 7. September, tgl. 11-20 Uhr


Das Forecast-Forum lockt ins Radialsystem

Über 800 Bewerbungen aus mehr als 100 Ländern gingen für die 8. Folge des Forecast-Festivals ein. Die nominierten Künstlerinnen und Künstler des 8. Forecast-Jahrgangs zeigen nun ihre Projekte beim Forecast Forum von Freitag bis Sonntag im Radialsystem. Es gibt Performances, Installationen, Filmscreenings, Modenschauen und Musik. Der Schlagzeuger Greg Fox (USA) hat etwa drei Künstler nominiert, die die Rhythmus zum Erforschen von Raum und Zeit nutzen, sei es in Form von Musik oder Kunst: Alex Grübler (Deutschland), Carlos Gutiérrez (Bolivien), Whitney Johnson (USA.  Die südafrikanische Lyrikerin und feministische Wissenschaftlerin Gabeba Baderoon nominierte drei Dichterinnen, die ihre von Migration und Vertreibung geprägten Familiengeschichten zu Erzählungen über Trauma, Neufindung und -erfindung verweben: Juliana Sokolová (Slowakei), Marcela Huerta (Kanada), Suji Kwock Kim (USA). Susanne Lenz

Das vollständige Programm finden Sie auf der Webseite von Radialsystem, Holzmarktstraße 33


Wie Urlaub in Brasilien: Das Psicoprópicos Festival im Festsaal Kreuzberg

Als wir Ellen Allien, eine der wichtigsten Berliner DJs, kürzlich auf die Zukunft von Techno ansprachen, hat sie von Brasilien geschwärmt: „Was in Brasilien und überhaupt in Südamerika musikalisch gerade passiert, finde ich besonders stark. Das müsste weltweit viel größer sein. Da gibt’s andere Beat-Strukturen, die gerade auch im Techno ankommen.“ 

Wer sich selbst ein Bild, ein Klangbild, vom brasilianischen Sound der Gegenwart machen will, ist dieses Wochenende goldrichtig beim Psicoprópicos im Festsaal Kreuzberg. Mit am Start sind am Freitag Acts wie Liniker, Danilo Timm, Sanni Est. Und am Sonnabend? Die Rapperin Tássia Reis, Bruno Capinan, Filipe Catto, Jonathan Ferr und die Latin-Grammy-Gewinner aus 2022: die Gruppe Bala Desejo. Klingt nach einem großen Fest. In und vor dem Saal. Stefan Hochgesand

Festsaal Kreuzberg Am Flutgraben 2, Freitag, 14. Juli, ab 20 Uhr + Sonnabend, 15. Juli, ab 14 Uhr,