Berlin-„Ich war 30 Jahre depressiv. Ich muss damit leben. Und ich habe keinen Bock, das zu verheimlichen.“ Diese Sätze stammen von Kurt Krömer, einem der bekanntesten und beliebtesten Komiker des Landes. Einer Kunstfigur, die viele von uns noch mit reichlich unmodernen Anzügen, mit Hosenträgern und Retro-Brillen vor Augen haben. Mit breitester Berliner Schnauze interviewte er für seine „Kurt Krömer Show“ Gunter Gabriel, Johann König, Hellmuth Karasek und Gregor Gysi. Es folgten viele weitere Formate, Krömer gewann den Fernseh-, den Comedy- und den Grimme-Preis.
Seine schnodderige Anarcho-Art gefiel nicht jedem. Nicht wenige Gäste verließen die Sendung mit dem berechtigten Gefühl, dass es gar nicht gut für sie gelaufen ist. Der Journalist Matthias Matussek wollte gar die Ausstrahlung verhindern. Besser man nahm es mit Humor wie die Sängerin Mary Roos, die sich fächerwedelnd und taschentuchbewehrt alle Fragen zu ihren Ehen und ihrem Alter gefallen ließ, ja sogar die Frage, ob sie in den Puff gehe, einfach weglachte, wegweinte, man sah das nicht so genau. Krömer in jedem Fall hatte das Publikum und die Lacher stets auf seiner Seite.
„Der Schleier, der mich umgibt, gehört zu meiner Vita“
Hinter der Kunstfigur Krömer steckt Alexander Bojcan, geboren 1974 in Berlin-Neukölln. Seit diesem Frühjahr wissen wir deutlich mehr über ihn, nachdem lange Jahre immer nur Krömer im Vordergrund stand. Doch dann erzählte der 46-Jährige in seiner Sendung „Chez Krömer“ im März, dass er seit rund 30 Jahren an einer Depression leidet. Im Gespräch mit seinem Kollegen Torsten Sträter thematisierte er die Erkrankung, ihre Symptome und die Behandlung. Die Diagnose habe er im Sommer 2020 bekommen, sagte Krömer. „So, dass ich es auch gerafft habe. Dass irgendwas mit mir nicht stimmt, wusste ich seit drei bis fünf Jahren.“ Im Herbst habe er sich dann zur Behandlung in eine Tagesklinik begeben. In der Therapie habe er erfahren, wie lange er schon krank sei. „Der Schleier, der mich umgibt, gehört zu meiner Vita. Ich muss damit leben. Und ich habe keine Lust, das zu verheimlichen.“
Offenheit im Umgang mit Depressionen, das ist es, was Krömer sich wünscht. Deswegen hat er nun auch ein Buch über seine psychische Erkrankung geschrieben. Es erscheint im kommenden März und heißt „Du darfst nicht alles glauben, was du denkst: Meine Depression“. Das Buch sei kein Leidensbericht, sondern eine Liebeserklärung an das Leben und die Kunst, heißt es vom Verlag Kiepenheuer & Witsch.
Der Kiwi-Verlag zitiert den Comedian, der derzeit in der Show „Last One Laughing“ bei Amazon Prime zu sehen ist, mit den Worten: „Alexander Bojcan ist trockener Alkoholiker, alleinerziehender Vater und er war jahrelang depressiv. Auf der Bühne und im Fernsehen spielt er Kurt Krömer. Er will sich nicht länger verstecken.“ Bojcan breche ein Tabu nicht um des Tabubrechens willen, „sondern um Menschen zu helfen, die unter Depressionen leiden oder auch eine jahrelange Ärzteodyssee hinter sich haben“.


