Die Woche auf dem Boulevard

Anja Rützels Kolumne: Vom Recht, das Leben an die Wand zu fahren

In der Trauerschlange am Sarg der Queen: Die Woche auf dem Boulevard mit Kolumnistin Anja Rützel.

Viele Trauernde sind in die Westminster Hall gekommen, um sich am Sarg der Queen zu verabschieden. 
Viele Trauernde sind in die Westminster Hall gekommen, um sich am Sarg der Queen zu verabschieden. dpa/Christian Charisius

Frau Rützel, wer hat Sie vergangene Woche wütend gemacht?

Da muss ich dieses Mal leider passen. Ich war derart mit meiner Trauer um die Queen beschäftigt, dass ich keine Kapazitäten für irgendwelche Promi-Sperenzchen hatte. Ich würde gerne behaupten, dass ich obendrein tagelang mit nur schwächlichem Netz von der Klatschaußenwelt abgeschlossen war, als ich inLondon in der Schlange stand, um in Westminster Hall an dem aufgebahrten Sarg von Elizabeth II. vorbei zu defilieren, und ich habe mich Mittwochnacht auch tatsächlich in diese Schlange eingereiht –aber ich hatte Glück und einen guten Zeitpunkt erwischt: Statt der angekündigten 30 Stunden Wartezeit –oder wenigstens 12, die David Beckham auf sich nahm –flutschte ich in nicht mal ganz sechs Stunden durch die Anstehmassen. So komisch das klingt: Es war wirklich eine schöne Erfahrung. Und ich hatte dabei ausreichend Zeit, mit Gleichgesinnten über die Queen und die restlichen Royals zu sprechen.

Haben Sie sich dabei auch über ihren Problemenkel Harry unterhalten? Der musste am Donnerstag obendrein ja einen sehr traurigen Geburtstag feiern.

Ja, wir haben auch über ihn gesprochen –allerdings eher darüber, ob er gegen Ende des Jahres nun trotzdem sein geplantes Enthüllungsbuch auf den Markt bringen wird. Angeblich soll es nun ja ein paar Monate verschoben werden, damit Aktualisierungen zum Tod der Queen eingefügt werden können. Ich bin gespannt, ob er auch die angekündigte Abrechnung mit seinem Vater etwas abmildern wird –schließlich ist Charles jetzt König. Oder ob sie im Gegenteil noch drastischer ausfallen wird, denn wie ich der britischen Boulevardpresse entnehme, deren Erzeugnisse ich gerade jeden Tag kiloweise in mein Hotelzimmer schleppe, sollen Harry und Meghan gerade vor Wut schäumen: Denn Charles wird ihre Kinder Archie und Lilibet nun wahrscheinlich zu Prinz und Prinzessin machen, wie es ihm die Regularien nun als König ermöglichen, aber laut Königshof-Quellen sollen sie nicht den Titel HRH, also His beziehungsweise Her Royal Highness bekommen. Sie wären demnach keine Königlichen Hoheiten, und ich finde es schon sonderbar, dass sich Harry und Meghan erst mit viel Getöse von den Royals lossagen und dann so versessen auf diesen Titel sind.

Anja Rützel und Hund Juri
Anja Rützel und Hund Jurianja rützel

Sprechen wir über Erfreulicheres: Drew Barrymore hat bei ihrem Besuch in Jimmy Fallons „Tonight Show“ über ihre heimliche Freundschaft mit Britney Spears gesprochen.

Das fand ich auch sehr rührend: Seit eineinhalb Jahren sollen sich die beiden demnach darüber austauschen, welche Parallelen beide in ihren schweren Zeiten durchlebt haben. Und womit beide zu kämpfen hatten, weil es eben seine ganz eigenen Mistmomente mit sich bringt, wenn man in der Unterhaltungsbranche unter den Augen so vieler Menschen erwachsen werden muss. Sie habe mit Britney mitfühlen können und sich ihr verbunden gefühlt, obwohl sie niemand sei, der leicht auf andere Menschen zugehen könne, sagte Barrymore, die durch ihre Rolle in „E.T.“ ja ebenfalls zum Kinderstar wurde. Aus diesem Austausch sei eine echte, tiefe Freundschaft geworden. Jeder Mensch habe schließlich das Recht, sein Leben auf die Reihe zu bekommen, an die Wand zu fahren und alles dazwischen, sagte Barrymore, und da hat sie recht.

Finanzminister Christian Lindner will jetzt angeblich das Imker-Handwerk erlernen. Finden Sie, dieses neue Hobby passt zu ihm?

Er scheint es zumindest ernst zu meinen: Nach eigener Aussage sollte er wohl als Kind Bauer werden und hat auch schon einen Jagdschein, einen Fischerschein und arbeitet gerade am kleinen Reitabzeichen. Ich hoffe, er hält seine Bienen dann ebenso über seine politischen Entscheidungen auf dem Laufenden, wie es der Imker mit den königlichen Bienen auf dem Gelände des Buckingham Palastes hält: Sie wurden der Tradition gemäß offiziell über den Tod der Queen und den neuen König informiert.

Was macht eigentlich Helene Fischer?

Wie so oft weiß man es nicht verbindlich und kann darüber nur mutmaßen. Ich nehme aber an, sie steht gerade auch in der Aufbahrungsschlange, wie jeder mitfühlende Mensch mit einem Herzen.

Die Fragen stellte Christian Seidl.

Anja Rützel ist freie Autorin und schreibt vor allem über Fernsehen und Tiere. Für die Berliner Zeitung am Wochenende beobachtet sie die wunderliche Welt der Promis.