Die Woche auf dem Boulevard

Anja Rützels Kolumne: Handjob im Dienste der Menschheit

James Cromwell protestiert gegen Starbucks und Gwyneth Paltrow gegen zu hohe Windelsteuern: die Woche mit Anja Rützel.

Wer würde sich da nicht freuen über den Extra-Dollar. Gwyneth Paltrow verkauft jetzt mit Bernsteinen besetzte Windeln.
Wer würde sich da nicht freuen über den Extra-Dollar. Gwyneth Paltrow verkauft jetzt mit Bernsteinen besetzte Windeln.AFP

Frau Rützel, wer hat Sie diese Woche wütend gemacht?

Heidi Klum – wobei ich in diesem Fall, ehrlich gesagt, inzwischen nicht mehr genug Energie für echte Wut zusammenkratzen kann, es ist mehr ein nur noch müde glimmendes Zörnchen, das ich angesichts der bizarren Manöver empfinde, mit der sie die Alterskandidatin Lieselotte in dieser Topmodel-Staffel Runde um Runde weiter hievt. Nun ist die 66-Jährige ins Halbfinale eingezogen, während andere, aus der Sicht vieler Zuschauerinnen und Zuschauer vielversprechendere Kandidatinnen längst geschasst wurden. Mir kommt es längst so vor, als wolle Klum damit halsstarrig beweisen, dass ihre ewig gepredigte „Diversity“-Leier nicht nur ein Ablenkungsmanöver für die immergleichen Schikanen ist.

Anja Rützel und Hund Juri
Anja Rützel und Hund JuriPrivat

Ernster scheint es dagegen James Cromwell zu meinen: Der 82-jährige Hollywood-Schauspieler klebte sich in New York an einem Starbucks-Tresen fest, um gegen die Preise für vegane Milchalternativen zu protestieren.

Ich fand diese Aktion herrlich, weil sie, pardon, so handfest war: Auf Instagram nölen kann ja jeder, aber sich an einem Cafétresen festpappen, um seiner Kritik mehr Gewicht zu verleihen, das nötigt mir wirklich Respekt ab. Cromwell ist schon länger als Tierrechts-Aktivist tätig, das passt auch zu seiner Rolle als liebem Bauer, die er in „Ein Schweinchen namens Babe“ spielte. Schon 2017 störte er im Wasserzoo Sea World in San Diego eine Waldressur-Vorführung. Leider musste er seinen Handjob nun vorzeitig abbrechen, weil die Polizei kam – er löste sich mithilfe eines Messers darum selbst wieder vom Tresen ab, um einer Anzeige zu entgehen.

Und noch ein Star aus der Rubrik „Je oller, je doller“: Madonna, 63, verkauft jetzt online digitale Abbildungen ihrer Vagina – wenn ich das richtig verstanden habe.

Was sie da genau verhökert, kann ich leider auch nicht genau erklären, weil ich zwar schon mehrfach nachgelesen habe, was nochmal jetzt sogenannte NFTs sind, also Non-Fungible Tokens. Leider vergesse ich es jedes Mal aber sofort wieder, sobald der Satz zu Ende ist. Sagen wir also: Madonna steigt in den digitalen Kunstmarkt ein und verkauft für Charityzwecke drei Videos von sich, die sie gemeinsam mit dem NFT-Künstler Beeple gebastelt hat. In den Filmchen ist sie unter anderem komplett nackt dabei zu sehen, wie sie einen Baum gebiert, weiterhin flattern Schmetterlinge aus ihrer Vagina. Damit wolle sie den kreativen Akt als solchen darstellen, sagte Madonna so ungefähr. Ich glaube, ich muss doch nochmal versuchen, mich in diesen Krypto-Kram einzuarbeiten.

Auch Gwyneth Paltrow wollte diese Woche sonderbare Dinge verkaufen: Auf ihrer Webseite Goop bot sie mit Bernsteinen besetzte Luxus-Windeln für 120 Dollar pro Packung an.

Ja, aber dafür wären die zwölf enthaltenen Windeln nicht nur mit Steinchenverschlüssen dekoriert, sondern auch aus feinster Alpaka-Schurwolle gefertigt und sollen nach Jasmin und Bergamotte duften. Allerdings war das Angebot ausnahmsweise nicht ernst gemeint: In einem Instagram-Video klärte Paltrow wenige Stunden später auf, dass die sogenannte „Diapér“ nur ein Fake-Produkt sei, mit dem sie die Aufmerksamkeit auf ein reales Problem lenken wolle: Dass Windeln zwar kein Luxusprodukt seien, in 33 amerikanischen Bundesstaaten aber nicht wie lebensnotwendige Produkte, sondern eben wie Luxusgüter besteuert werden, was natürlich vor allem einkommensschwache Haushalte stark belastet. Die Aktion ist natürlich ehrenwert, aber insofern gewagt, dass man Paltrow durchaus zutrauen würde, dieses komplett bizarre Produkt in ihrem Shop anzubieten. Schließlich bot sie dort – und hier schließt sich der Kreis zu Madonna – auch schon eine Duftkerze an, die nach ihrer eigenen Vagina riechen sollte.

Was macht eigentlich Helene Fischer?

Wie meistens weiß man es nicht verlässlich, aber ich denke, sie hat vermutlich mit einem Notizblöckchen vor dem Fernseher gesessen und beim Eurovision Song Contest die wildesten Outfitideen mitstenografiert. Ich empfehle ihr vor allem das schwedische Lamettatop und den australischen Diamantenschleier.

Das Interview führte Christian Seidl


Anja Rützel ist freie Autorin und schreibt vor allem über Fernsehen und Tiere. Für die Berliner Zeitung am Wochenende beobachtet sie die wunderliche Welt der Promis.