Aus dem Weißen Haus nach Abu Dhabi. Vom „Champion of Democracy“, wie Ronald Reagan Juan Carlos I. einst nannte, zu einem alten, verbitterten und einsamen 85-jährigen Mann in der Wüste. Der ehemalige König von Spanien ist eine tragische Figur.
Einst aufgebaut von Franco, einem der grausamsten Diktatoren Europas, der Hunderttausende Menschen ermorden und in Massengräbern verscharren ließ, entwickelte sich Juan Carlos nach dem Tod des Caudillo Franco 1975 zum Bewahrer und Hüter der jungen und fragilen spanischen Demokratie.
Der junge Bourbone, den der Diktator wie einen Patensohn zu seinem Nachfolger aufgebaut hatte, übernahm damals ein bitterarmes Land, das seit dem brutalen Spanischen Bürgerkrieg noch immer unter einem dunklen Schleier der Repression gefangen war. Juan Carlos I. hätte den Weg der Diktatur fortführen können, doch er entschied sich für die Demokratie.

Der tiefe Fall des „Champion of Democracy“
Legendär ist bis heute seine bewegende TV-Ansprache vom 23. Februar 1981 an seine Bürger, in der er sich mit zitternder, aber entschlossener Stimme gegen die franquistischen Putschisten stellt, die nur Stunden zuvor das Parlament gestürmt hatten. Allein für diesen einen Moment der Stärke muss man sich – nicht nur als Spanier – für alle Ewigkeit vor dem Menschen Juan Carlos verneigen.
Allerdings ist das meiste, was hinter verschlossenen Türen in der Familie, in Schlafzimmern, auf Auslandsreisen nach Saudi-Arabien oder auf der Jagd in Afrika passierte, ein ganz anderes Kapitel der ganz persönlichen Geschichte des Menschen Juan Carlos. Es geht um Affären mit meist blonden Frauen, uneheliche Kinder, illegale Schmiergeldzahlungen, einen toten Elefanten, Verflechtungen bis in höchste Geheimdienstkreise, eine deutsche Prinzessin und die würdelose Flucht des Monarchen ins Emirat Abu Dhabi 2020.
Um zu dieser Einschätzung zu kommen, muss man natürlich eigentlich keine Doku-Serie mehr anschauen. Dazu reicht der regelmäßige Blick in die Bild-Zeitung und die Gala. Und doch lohnt es sich, die neue deutsche Sky-Dokumentation „Juan Carlos. Liebe, Geld, Verrat“ anzuschauen. Denn die vierteilige Serie hat es in sich.

Corinna zu Sayn-Wittgenstein äußert sich erstmalig
Der Grund ist, dass die Dokumentation ohne einen altmodischen allwissenden Sprecher auskommt, der die Ereignisse chronologisch zusammenfasst, sondern die Aussagen von intimen Weggefährten, Politikern, Bankern und Geheimdienstmitarbeitern benutzt.
Und obwohl das an manchen Stellen ein bisschen langatmig ist, ergibt dieses Vorgehen durchaus Sinn. Die Macher betonen, dass die interviewten Charaktere jeweils nur ihre ganz persönliche Sicht auf die Dinge darstellen. Ohne Anspruch auf eine objektive Wahrheit.
Gleich zu Beginn der ersten Folge etwa ruft der langjährige Freund des Königs, Philip Adkins, den König sogar vor laufender Kamera auf seinem Handy an. Ein intimer Moment, der zeigt, welche Mühe sich die Macher der Dokumentation gegeben haben. Neben Freunden und Vertrauten ist die Liste der „Zeugen“ lang.
Sehenswerter Einblick in die Welt der Adligen, Schönen und Reichen
Darunter sind nicht nur Investigativjournalisten und FBI-Agenten, sondern sogar José María Aznar, ehemaliger Ministerpräsident von Spanien, oder Mario Conde, einer der einflussreichsten und wichtigsten Bankiers Spaniens.

Die Gier des Königs nach dem süßen Leben
Die Serie zeigt sehr sehenswert die Metamorphose eines Helden, der lange von einem Großteil der spanischen Öffentlichkeit gefeiert wurde, zu einem Aussätzigen der jüngeren europäischen Geschichte.
