Wenn sich am 18. November 2025 der Geburtstag Rudolf Bahros zum 90. Mal jährt, ist das nicht nur ein biografisches Jubiläum, sondern auch eine Gelegenheit zum Innehalten und Überdenken der Weltlage und der eigenen Rolle darin. Kaum ein Denker der deutschen Nachkriegszeit hat die Spannungen zwischen Systemkritik, ökologischer Transformation und geistiger Erneuerung so konsequent durchdacht und zugleich so widersprüchlich gelebt wie Rudolf Bahro.

Vom überzeugten Anhänger zum kritischen Denker

Rudolf Bahro wurde 1935 in Bad Flinsberg im heutigen Polen geboren und wuchs in den politischen und moralischen Trümmern des Zweiten Weltkriegs auf. Um die ostdeutsche Welt, in die er hineinwuchs, zu verstehen und mitzugestalten, studierte er Philosophie in Ost-Berlin. Anfangs war er ein engagierter Anhänger des Realsozialismus und Mitglied der SED – doch schon ab 1956, nach Chruschtschows Enthüllungen und den Unruhen in Polen und Ungarn, begannen Zweifel und kritische Fragen in ihm zu reifen. Die Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 war dann Auslöser einer folgenschweren Entscheidung, die er später wie folgt beschrieb: „Ich wollte ihnen eine Antwort liefern, gegen die sie ideell so ohnmächtig sein sollten, wie wir es waren gegen ihre Panzer.“

Seine Vorlesungen waren kein Vortrag, sondern ein Ereignis: Gerd Irrlitz ließ seine Hörer eintreten in den Strom des europäischen Denkens – von Platon bis Bloch, von Kant bis Fichte. Heute wird er 90. Ein Gastbeitrag.

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