Die Paartherapeutin

Am Ende der Kräfte: Darf man als Mutter Urlaub von der Familie nehmen?

Eine Leserin fühlt sich mit Vollzeitjob und drei Kindern an ihrer Belastungsgrenze. Wer muss nun wo zurückstecken?

Nimm dir eine Auszeit, weil du sie brauchst, und verlass dich auf deinen Mann und deine Kinder.
Nimm dir eine Auszeit, weil du sie brauchst, und verlass dich auf deinen Mann und deine Kinder.Roshanak Amini für Berliner Zeitung am Wochenende.

Maria, 50: Ich bin verheiratet und habe drei Kinder, die dreizehn, elf und acht Jahre alt sind. Zudem arbeite ich fast Vollzeit in einem Job mit Verantwortung. Mein Mann arbeitet ebenfalls und unterstützt mich nach Kräften, ist aber einfach deutlich weniger belastbar als ich, deshalb stemme ich den Löwenanteil im Haushalt und bei der Kindererziehung. Während ich bisher immer irgendwie alles unter einen Hut bekommen habe, bin ich nun an einem Punkt angekommen, an dem ich einfach nur noch streiken möchte. Ich brauche eine Auszeit von der Familie, träume von mehreren Wochen, die ich mich mal nur um mich selbst kümmern kann. Bei dem Gedanken bekomme ich zwar sofort ein schlechtes Gewissen, habe aber wirklich das Gefühl, dass es nötig ist. Was würden Sie mir raten?

Liebe Maria, Kinder – und ihr habt drei – sind zweifellos neben all den wundervollen Dingen, die sie mit sich bringen, auch eine Menge Arbeit. Dass du so viel davon bewältigen kannst, ist für eure Kinder, eure Familie sehr wertvoll. Auf die Dauer ist das jedoch offenbar zu viel für dich, etwas in dir fängt an zu streiken. Es ist gut, dass du dir jetzt darüber Gedanken machst, bevor dich die totale Überforderung dazu zwingt.

Was ist wirklich notwendig?

Wenn jemand viele Aufgaben gut stemmt und vielleicht auch dabei noch einen hohen Anspruch an sich hat, wird er sich mit der Zeit in der Regel an seine Leistungsgrenze bringen. Einerseits hat das mit der Fülle oder der Intensität der Aufgaben zu tun, andererseits mit der eigenen inneren Haltung dazu, die sich durch Glaubenssätze ausdrückt. Damit sind innere Überzeugungen gemeint wie: „Ich muss es anderen recht machen“ oder „Ich muss lieb sein“ oder „Ich muss stark sein“ oder „Ich muss perfekt sein“ oder „Ich muss mich anstrengen“. Diese beeinflussen innere Entscheidungen und steuern das Verhalten. Gelernt werden sie während der Zeit des Aufwachsens und sind in ihrem Wesen nützlich. Es sind Orientierungen, die uns von unseren Eltern mitgegeben werden, um uns in der Welt zurechtzufinden.

Wenn sie allerdings zu sehr im Vordergrund stehen und andere wichtige, nämlich erlaubende Glaubenssätze zurückdrängen, etwa Loslassen, Vertrauen und anderen etwas zutrauen, führen sie irgendwann zu Überforderung.

Und, liebe Maria, ich weiß, wie das für eine Mutter mit mehreren Kindern ist: Diese Rolle fordert an sich schon eine große Bereitschaft, sehr viel zu geben und die eigenen Grenzen zu belasten. Du könntest dich fragen, ob all deine Überzeugungen notwendige Bedingungen für ein gutes Aufwachsen deiner Kinder sind und was eigentlich passieren würde, wenn du wirklich ausfallen würdest. Vielleicht würde dein Mann die Dinge anders machen als du, vielleicht auch weniger, und vielleicht würden sich andere Ressourcen auftun, die Helfendes beitragen. Dein Mann wäre vielleicht auch überrascht und froh, das irgendwie schaffen zu können und eure Kinder würden vielleicht auch mehr beitragen, weil sie merken, dass sie es können.

Nimm dir eine Auszeit, weil du sie brauchst, und verlass dich auf deinen Mann und deine Kinder. Sie müssen nicht gut finden, was du ihnen zumutest, aber sie werden daran wachsen und stolz sein, sich gewachsen zeigen zu können, wenn es dir durch dein Für-dich-Stehen wieder besser geht. Fünf Tage wären doch ein guter Anfang. Nach dem Motto: Ich bin dann mal weg!