Wenn die Weihnachtsbeleuchtung angeht, ist es Zeit, den Kopf auszuschalten. Das zumindest suggeriert jedes Jahr aufs Neue das Adventsprogramm in Kino und Fernsehen. Mit den Streamingdiensten hat das Kitschbombardement noch mal ganz neue Ausmaße angenommen, zumindest quantitativ. Qualitativ bauen die Produzenten auch hier auf die bewährten Handlungsmotive: Verwechslungen, Gedächtnisverlust, verpatzte Verlobungen, Heimatreisen, Stars, die sich mit den Sterblichen einlassen, und in diesem Jahr inflationär: alleinerziehende Väter mit Herzen aus Gold, denen das Schicksal liebenswert verrückte Frauen zuspielt.
„Falling for Christmas“ – Netflix
Es sollte das große Comeback des gefallenen Teenie-Stars Lindsay Lohan werden – und so kam es dann auch, jedenfalls wenn man Abrufzahlen als Messlatte anlegt. Lohan spielt eine verwöhnte Hotelerbin, die nach einem Heiratsantrag einen Berg hinunterstürzt. Aufgesammelt wird sie von Jake (Chord Overstreet), der die bewusstlose Frau ins Krankenhaus bringt. Als sie erwacht, erinnert sie sich an nichts und zieht erst mal beim alleinerziehenden Jake und seiner Tochter ein, in der Hoffnung, dass sich bald Angehörige melden und das Geheimnis um ihre Identität lüften. So bekloppt, wie es anfing, geht es auch weiter – hier ist drin, was draufsteht.
Falling for Christmas, Spielfilm, 93 Minuten, Netflix
„Something from Tiffany’s“ – Amazon Prime Video
Zwei kleine Boxen im charakteristischen Tiffany-Türkis stehen im Zentrum dieser Verwechslungsromanze, die Reese Witherspoon für Amazon produziert hat. In einer dieser Boxen steckt ein Verlobungsring, in der anderen das billigste Paar Ohrringe, das der Laden im Angebot hatte. Weil der Ohrring-Käufer (Ray Nicholson) vor ein Taxi rennt und in der Folge seine jüngsten Erinnerungen verliert, macht er seiner Freundin Rachel (Zoey Deutch) am Weihnachtstag wider Willen mit dem Ring aus der im Unfallchaos vertauschten Box einen Heiratsantrag. Eine andere Freundin (Shay Mitchell) empfängt derweil die „niedlichen“ Ohrringe, und der verdutzte Schenker (Kendrick Smith Sampson), alleinerziehender Witwer, macht sich sogleich auf die Suche nach seinem Ring. Bald liegt ein Partnertausch in der Luft, das Ganze ist so vorhersehbar wie kurzweilig.

Something from Tiffany’s, Spielfilm, ab 9. Dezember bei Amazon Prime Video
„Guardians of the Galaxy Holiday Special“ – Disney+
Natürlich lässt auch Disney den festlichen Anlass nicht verstreichen, ohne neue Inhalte für das Marvel-Universum zu produzieren. Nach der wunderbaren „Hawkeye“-Miniserie aus dem vergangenen Jahr gibt es nun ein kleines Feiertagsspecial rund um die „Guardians of the Galaxy“. Unter der Regie von James Gunn, der auch die beiden Kinofilme über die intergalaktischen Helden inszeniert hat, versuchen Mantis (Pom Klementief) und Drax (Dave Bautista) ihrem melancholischen Kollegen Star-Lord (Chris Pratt) ein schönes Weihnachtsfest zu bereiten. Ihr grandioser Plan: Seinen Kindheitshelden Kevin Bacon (spielt sich selbst) von der Erde entführen, um ihn Star-Lord dann feierlich als Weihnachtsgeschenk zu überreichen. Nicht nur erklärte Marvel-Fans dürften an diesem 40-Minüter ihre Freude haben, besonders überzeugend ist wieder mal der Soundtrack geraten. Das Highlight: ein vom Regisseur geschriebener und im Film von einer Alien-Band performter Song namens „I Don’t Know What Christmas Is (But Christmastime Is Here)“.
Guardians of the Galaxy Holiday Special, 40 Minuten, Disney+
„Christmas With You“ – Netflix
Freddie Prinze jr. kehrt zu dem Genre zurück, das ihm mit „Eine wie keine“ 1999 zu Weltruhm verhalf. Diesmal allerdings spielt er den Underdog, in Form eines alleinerziehenden Vaters, dessen Tochter Cristina (Deja Monique) ein riesiger Fan der Sängerin Angelina (Aimee Garcia) ist. Was den Popstar angeht, täuscht allerdings der schöne Schein: Angelina steht kurz vor dem Burnout, braucht aber dringend einen neuen Hit – die Plattenfirma wünscht sich einen Weihnachtssong. Als sie im Internet ein Fanvideo von Cristina findet, ist sie inspiriert und macht sich auf den Weg in die Kleinstadt, um das Mädchen zu treffen. Bald sitzt sie mit deren Vater am Klavier, und natürlich wird die Verbindung der beiden nicht nur musikalischer Natur bleiben.

Christmas With You, Spielfilm, 89 Minuten, Netflix
„Your Christmas or Mine?“ – Amazon Prime Video
Zwei Verliebte planen die gleiche romantische Geste und erreichen damit genau das Gegenteil. Weil sowohl Hayley (Cora Kirk) als auch James (Asa Butterfield) spontan entscheiden, das Weihnachtsfest als Überraschung gemeinsam zu verbringen, landen die beiden schließlich allein bei der Familie des anderen. Weil zudem noch ein Schneechaos eintritt, hängt James schließlich tagelang bei Hayleys fröhlicher Großfamilie fest, während die junge Frau mit James’ superreichen Eltern vorliebnehmen muss, die mit dem Weihnachtsfest nichts am Hut haben.

Your Christmas or Mine? Spielfilm, 95 Minuten, Amazon Prime Video
„The Noel Diary“ – Netflix
Als seine Mutter stirbt, muss der Bestsellerautor Jacob (Justin Hartley) nach zwanzig Jahren in seine Heimatstadt zurückkehren, um dort sein Erbe anzutreten. In seinem Elternhaus findet er ein Tagebuch von einer gewissen Noel, die darüber schreibt, wie sie mit 17 beschloss, ihr uneheliches Kind allein auf die Welt zu bringen. Dann taucht eine Frau (Barrett Doss) auf, die ihre leibliche Mutter sucht und in der Autorin des Tagebuchs gefunden zu haben glaubt. Gemeinsam wühlen die beiden in ihren Familiengeschichten und finden, wer hätte es gedacht, eine Chance auf die Liebe.

The Noel Diary, Spielfilm, 99 Minuten, Netflix
„Friedliche Weihnachten“ – Amazon Prime Video
Auch in dieser „ersten deutschen Weihnachtsserie“ von Amazon spielt eine türkise Tiffany-Box eine Rolle, und wieder soll ihr Inhalt für einen Antrag am Weihnachtsabend verwendet werden. Der Plattenverkäufer Anton (Timur Bartels) will seine Freundin Johanna (Valerie Huber) ein Jahr nach dem Kennenlernen zu seiner Verlobten machen, doch vorher sollen die Familien einander kennenlernen. So machen sich beide Sippen für die Feiertage auf den Weg in das luxuriöse Chalet der Familie von Johannas Schwager (Wayne Carpendale). Antons Eltern (Elena Uhlig und Matthias Komm) sind polnische Einwanderer aus der Arbeiterklasse, während Johannas Mutter (Esther Schweins) aus reichen Verhältnissen stammt und ihr Vater (Uwe Ochsenknecht) als Anästhesist großen Wert darauf legt, stets mit Prof. Dr. Dr. angesprochen zu werden. Was folgt, ist Chaos: Angst vor der Steuerfahndung, eine außereheliche Schwangerschaft, eine schießwütige polnische Großmutter, ein strammer Großvater mit potenzieller Nazivergangenheit, ein syrischer Flüchtling, der als Weihnachtsmann im Kamin stecken bleibt. Ho, ho. ho.
Friedliche Weihnachten, Serie, 6 Folgen, ab 9.12. bei Amazon Prime Video
„Santa Clause: Die Serie“ – Disney+
Die beliebte „Santa Clause“-Trilogie mit Tim Allen wird in diesem Jahr als Serie fortgesetzt. Weil das Fest der Liebe einfach nicht mehr dasselbe ist, will der in die Jahre gekommene Weihnachtsmann (gespielt vom 69-jährigen Allen) einen Nachfolger finden, um endlich seine Rente genießen und sich ganz seiner Familie widmen zu können. Für Freunde der „Santa Clause“-Filme könnte diese sechsteilige Serie noch etwas sein, allen anderen rät die Rezensentin nach Sichtung der ersten Folge entschieden vom Einschalten ab.
