Es war abzusehen. Schon 2019, als bekannt wurde, dass die kleine Meerjungfrau Arielle in der kommenden Realverfilmung des Disney-Zeichentrickfilms von 1989 mit einer schwarzen Schauspielerin besetzt worden war, taten online unter dem Hashtag #notMyAriel, also #nichtMeineArielle, Menschen ihre Empörung darüber kund. Zur kleinen Meerjungfrau gehören weiße Haut und rote Haare, da waren sich viele einig.
Nun gibt es den ersten kurzen Trailer und die Online-Trolle hacken wieder in die Tasten. Ihre Krallen sind noch warm von den Reaktionen auf die neue Tolkien-Serie „Die Ringe der Macht“, in der es nicht-weiße Zwerge und Elben gibt. Dazu noch Zwergenfrauen ohne Bart, aber das ist ein anderes Thema.
Farbenblindes Casting kann man kritisieren
Die Praxis des farbenblinden Castings darf zwar durchaus kritisch diskutiert werden, besonders bei historischen oder auch pseudo-historischen Stoffen wie zum Beispiel der erfolgreichen Netflix-Serie „Bridgerton“. Weil es natürlich einen Grund gab, warum schwarze Menschen im 19. Jahrhundert keine Chance auf Eintritt in die englische High Society hatten, nämlich Rassismus. Diese Tatsache wird mit dem Casting von Schauspielern diverser Herkunft ausgeblendet.
In Fantasy-Geschichten können solche Argumente nicht gelten. Bei einem Fabelwesen, in diesem Fall halb Fisch, halb Frau, auf eine Schauspielerin zu bestehen, die der animierten Version einer dänischen Märchengestalt so genau wie möglich entsprechen soll, mutet mindestens kindisch an. Ob viele der Wütenden wissen, dass die Sache bei Hans Christian Andersen für Arielle nicht annähernd so rosig ausgeht wie in der Disney-Adaption?
Wenn es um die Besetzung von weißen Schauspielerinnen und Schauspielern für nicht-weiße Rollen geht, war man in Hollywood in der Vergangenheit übrigens nicht zimperlich, die Liste würde eine ganze Zeitungsseite füllen. Mein Favorit: Jake Gyllenhaal als Prince of Persia.
Disney hat ein wirtschaftliches Interesse
Man brauche eigene Geschichten und keine „schwarzen“ Versionen bestehender weißer Heldinnen und Helden, ist häufig auch aus der schwarzen Community zu hören. Das eine muss das andere nicht ausschließen.
Wer aber mal einen Eindruck davon bekommen möchte, welche Bedeutung die Besetzung von Halle Bailey für schwarze Mädchen hat, kann sich online ein paar gefilmte Reaktionen auf den Trailer anschauen. Der Schock und die darauffolgende Begeisterung darüber, dass eine der klassischen Disney-Prinzessinnen, deren Abbilder in der Konsumwelt von Kindern allgegenwärtig sind, plötzlich ein bisschen mehr aussieht wie sie selbst, lassen die CGI-Experimente von Usern, die die Meerjungfrau im Trailer digital nachträglich wieder weiß gefärbt haben, fast bösartig erscheinen.
