Kino

David O. Russells „Amsterdam“: Die Demokratie lebt von den Liebenden

Christian Bale, Margot Robbie und John David Washington müssen als amerikanisches Außenseiter-Trio 1933 ihr Land vor dem Faschismus retten. Es wird anstrengend.

Christian Bale, Margot Robbie und John David Washington spielen Freunde fürs Leben.
Christian Bale, Margot Robbie und John David Washington spielen Freunde fürs Leben.Walt Disney Company

Regisseure, die seit Jahren dafür bekannt sind, ihre Schauspieler zusammenzuschreien, Kollegen auf Partys in den Schwitzkasten zu nehmen oder der eigenen Nichte an die Brüste zu fassen, haben es beruflich eigentlich schwer in diesen Tagen. Doch David O. Russell, der unter anderem „Three Kings“, „The Fighter“ und „Silver Linings“ inszeniert hat, gelingt es nach wie vor, die Crème de la Crème von Hollywood zu verpflichten. Diesmal gehören Christian Bale und Margot Robbie dazu, und auch Taylor Swift, die gerade die ersten zehn Plätze der US-Charts belegt, gibt eine Nebenfigur, bei deren Schicksal sich so mancher Zuschauer am Popcorn verschlucken dürfte.

Bale spielt Burt Berendsen, einen Arzt aus New York, der auf Drängen seiner reichen Schwiegereltern in den Ersten Weltkrieg zieht. Von dort soll er entweder gar nicht oder aber mit genügend Ehrungen zurückkehren, um das Manko seiner Herkunft – halb jüdisch, halb katholische Arbeiterklasse – in den Augen der Upper Class wettzumachen. In Frankreich trifft er auf den schwarzen Soldaten Harold Woodman (John David Washington), der in französischer Uniform kämpfen muss, weil die weißen Amerikaner sich von ihren afroamerikanischen Kameraden abgrenzen wollen. Als beide im Lazarett landen, Burt mit einem Auge weniger, werden sie von der Krankenschwester Valerie Voze (Robbie) zusammengeflickt, die ihre ehrenamtliche Arbeit auch für ihre künstlerischen Ambitionen nutzt. Aus Kugeln und Metallsplittern, die sie aus den versierten Körpern friemelt, fertigt sie allerlei Skulpturen und Alltagsgegenstände, sehr zum Unmut ihrer französischen Kollegen. Gemeinsam suchen die drei schließlich das Weite und verbringen ein paar herrliche Monate in der titelgebenden Hauptstadt der Niederlande. Valerie und Harold lieben sich, so behauptet es Russell, nur leider ohne es zu zeigen, Burt ist der beste Freund des Paares.

In der letzten halben Stunde wird es spannend

Die Idylle währt nicht lange, doch zumindest Burt und Harold, der schließlich Anwalt wird, sind auch 1933, längst zurück in New York, noch immer unzertrennlich. Als den beiden plötzlich die Leiche eines dekorierten Armeegenerals präsentiert wird, mit der Bitte um Aufklärung der Todesumstände, führen die Ermittlungen zurück zu Valerie. Nun begibt sich das wiedervereinte Trio auf eine kriminalistische Tour de Force, die einiges zur Bewunderung bietet, zum Beispiel die Ausstattung, Kostüme und die komödiantische Finesse von Christian Bale als herzensgutem Zausel. Inhaltlich darf sie aber über weite Strecken durchaus verschlafen werden.

Anders als in „American Hustle“ funktioniert die Überladung hier nicht als Konzept, anstatt einem Rhythmus stellt sich ein Rauschen ein, in dem kein erzählerischer Refrain mehr auszumachen ist. 

Erst in der letzten halben Stunde wird es noch mal spannend, hier kommt Hitler ins Spiel und der Film löst sein anfängliches Versprechen ein, von wahren Begebenheiten zu handeln, auch wenn die Behauptung „viel“ von der Geschichte sei wirklich passiert, getrost als Übertreibung bezeichnet werden darf.

„Amsterdam“, Spielfilm, 134 Minuten, ab 3. November im Kino