Sechs Jahre lang hat der deutsche Soldat Heinrich Landser den Zweiten Weltkrieg überlebt, doch nun, kurz vor der Kapitulation, soll er sterben. So haben es seine ehemaligen Mitstreiter entschieden, die den Deserteur im Wald einfangen. Eine schnelle Kugel gönnen sie ihm nicht, stattdessen legen sie ihm eine Schlinge um den Kopf, „der aussieht, wie von Arno Breker in Stein gemeißelt“, um ihn damit an einem Baum zu erhängen. Dass er kurz vor knapp von der Bauerstochter Elsa (Marie Hacke) losgeschnitten wird, bekommt die SS-Truppe nicht mehr mit, denn die hat noch Wichtiges zu erledigen, bevor die Alliierten einmarschieren. Der Anführer namens von Starnfeld (Alexander Scheer), der mit seiner Gesichtsprothese gut in einem Marvel-Comic passen würde, hat erfahren, dass ein Jude sich mit einem Goldschatz – freilich ein Klischee mit Beigeschmack – aus dem Vernichtungslager freikaufen wollte. Doch warum handeln, wenn man sich einfach bedienen kann?
So fallen die Soldaten in das kleine Örtchen Sonnenberg ein, zum Schreck des Bürgermeisters, der schnell das Hitlerportrait wieder aus dem Keller holt. Das ehemalige Zuhause der jüdischen Familie ist seit der Reichspogromnacht allerdings nur noch eine Ruine. „Es war ein schönes Haus – aber auch ein schönes Feuer“, prahlt der Dorfvorsteher und entkräftet damit zum Glück gleich die Angst der Zuschauer, dass sich den Nazis hier ein Dorf voll guter Deutscher entgegenstellen wird. Ganz im Gegenteil: Die Sonnenberger sind mit wenigen Ausnahmen selbst gierige und äußerst brutale Opportunisten. Oder, wie es Landser zu Beginn ausdrückt: „Wir sind kein Volk von Siegern. Wir sind ein Volk von Mördern“ – Dialoge für den internationalen Streaming-Markt.
Spaghetti-Western im Zweiten Weltkrieg
Landser wird von Elsa aufgepäppelt, die mit ihrem Bruder Paule (Simon Rupp) in einem nahegelegenen Bauernhäuschen lebt. Auch Paule muss vor den Nazis versteckt werden, denn er wurde mit Trisomie 21 geboren und gilt somit als „unwertes Leben“. Als die Verbrecher dann aber plötzlich in der Küche stehen, müssen die Verfolgten in die Offensive gehen – und dort auch bleiben. Bis zum Ende des Films, der sich schnell zu einer buchstäblich halsbrecherischen Tour de Force im Stil eines Spaghetti-Westerns entwickelt, fließen literweise Blut, zersplittern Granaten und Knochen im Sekundentakt, wie man es zum Beispiel von Quentin Tarantino kennt – aber nicht aus Deutschland.
Weil man hierzulande verständlicherweise mit Hemmungen an Fiktionalisierungen des Zweiten Weltkriegs herangeht, bei denen die Grenzen zur Pietätlosigkeit größere Angriffsflächen offenbaren, hat auch dieses Filmprojekt eine lange Entstehungsgeschichte hinter sich. Bereits 2006 teilte der Drehbuchautor Stefan Barth eine erste Fassung mit dem Regisseur Peter Thorwarth, damals noch unter dem Titel „Es war einmal in Deutschland“.


