In meiner Fantasie hat Gott einen galligen Humor und bespricht sich auch gern mit dem Teufel. Ich stelle mir etwa vor, dass er sich nach eingehender Begutachtung von Bauernkrieg, Dreißigjährigem Krieg, Englischer, Niederländischer, amerikanischer und Französischer Revolution sowie kopfschüttelnder Hinnahme deutscher Bemühungen, sich eine Revolution vom Fürsten als Verfassung schenken zu lassen, mit dem Teufel zusammensetzte.
Es galt, so meine ich doch, zu beratschlagen, wie es mit der Menschheit weitergehen könnte. Immerhin hatte zumindest das eurozentrisch verfasste Erdenvolk sich nun an mehreren Orten und in mehreren Sprachen zum Herren seiner selbst ausgerufen – und dabei sogar hier und da gekrönte Häupter, die Vertreter Gottes auf Erden, nicht nur entthront und entkront, sondern sogar enthauptet. Und ist Regizid nicht Blasphemie?
„Das Erdenvolk will sein eigener Herr sein, und ich habe ihnen doch freien Willen zugestanden … was tun, Teufel?“ – Dessen Antwort beschäftigt uns bis heute: „Nun, wir wollen sie frei sein lassen, sie sollen sich freuen, die Könige los zu sein – uns sich selbst dann noch fester fesseln als zuvor.“ Und so schlug der Teufel das Volk mit Blindheit, und die Menschen machten sich nach der Befreiung vom Feudalismus eifrig an die Arbeit, sich selbstgebauten Hierarchien zu unterwerfen und so ängstlich, langsam und dumm zu werden. Wie ging das vor sich?

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