Gastbeitrag

Fake News von Jan Böhmermann: So manipuliert er in der New York Times die Geschichte

In einem Videoessay verkürzt Böhmermann ein Zitat Adenauers über Juden. Damit betreibt er dummdreiste Geschichtsklitterung, die gefährlich ist. Ein Faktencheck.

Hat Jan Böhmermann in der New York Times Geschichtsklitterung betrieben? Unser Autor ist davon überzeugt.
Hat Jan Böhmermann in der New York Times Geschichtsklitterung betrieben? Unser Autor ist davon überzeugt.Rolf Vennenbernd/dpa

Dies ist ein Gastbeitrag von Niklas Straetker, der am German Department der Columbia University in the City of New York in Literaturwissenschaft promoviert.

Ja, 1966 sagte der damals 89-jährige Altkanzler Konrad Adenauer – wie sich leicht nachlesen und nachschauen lässt – tatsächlich Folgendes in einem vom ZDF ausgestrahlten Gespräch mit Günter Gaus: „Die Macht der Juden auch heute noch, insbesondere in Amerika, soll man nicht unterschätzen. Und daher habe ich sehr überlegt und sehr bewusst – und das war von jeher meine Meinung – meine ganze Kraft darangesetzt, so gut es ging, eine Versöhnung herbeizuführen zwischen dem jüdischen Volk und dem deutschen Volk.“

In seinem am 20. Februar 2025 erschienenen und auch in Deutschland viel diskutierten Videoessay für die New York Times spielte nun auch Jan Böhmermann seinem transatlantischen (aber natürlich auch interessiert lauschenden deutschen) Publikum diesen Ausschnitt, mit Untertiteln versehen, aus dem Adenauer-Interview vor – und zwar als Beleg dafür, wie Böhmermann auf Englisch ankündigt, dass „die meisten modernen[,] demokratischen Deutschen Adenauers wirkliches Motiv [real motive] bequemerweise [conveniently] vergessen“ hätten.

Wirkliches Motiv wofür? Für Adenauers israelfreundliche Politik. Daran, wie dieser Ausschnitt zu deuten sei, lässt Böhmermann dann auch keinen Zweifel: „Mit anderen Worten: Achtung! Die Juden sind immer noch mächtig, obwohl wir versucht haben, sie alle umzubringen. Also sollten wir von jetzt an besser wieder nett [zu ihnen] sein.“

Berliner Zeitung

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