Nach Tod von Mahsa Amini

Signal an Iran: Diese deutschen Stars haben sich die Haare abgeschnitten

Menschen in Iran demonstrieren gegen das repressive Regime, jetzt zeigen sich deutsche Stars solidarisch. Die Absicht ist gut, über die Ausführung lässt sich streiten.

Schauspielerin Meret Becker hat sich mit den Protestierenden in Iran solidarisiert.
Schauspielerin Meret Becker hat sich mit den Protestierenden in Iran solidarisiert.dpa/Jörg Carstensen

Das Geräusch einer Schere nahe dem eigenen Haupthaar ist ein Adrenalingarant, jedenfalls wenn ordentlich was ab soll. Die Entscheidung zum Schnitt bedeutet ja oft auch die zum Einschnitt, der damit sichtbar und zumindest in seiner Absicht erst mal unumkehrbar wird.

Seit Wochen schneiden sich Frauen in Iran die Haare ab, viele teilen Videos davon in den sozialen Medien. Sie demonstrieren damit für ihre Selbstbestimmung und gegen ein Regime, das ihre Haare zum Politikum erklärt hat und die Frauen aus vermeintlich religiösen Motiven dazu zwingt, sie zu verschleiern.

Der Auslöser für die Bewegung war der Tod der 22-jährigen Mahsa Jina Amini, die von der iranischen Sittenpolizei verhaftet wurde, weil sie ihren Hidschab nicht korrekt trug; laut Augenzeugen hatten ein paar Strähnen darunter hervorgelugt. Nach ihrer Festnahme fiel die bis dahin gesunde Frau ins Koma und verstarb kurz darauf im Krankenhaus. Gegen Protestierende gehen die iranischen Behörden seitdem mit brutaler Gewalt vor.

Um sich mit den Frauen im Iran zu solidarisieren, greifen nun auch immer öfter Frauen im Ausland zur Schere, so auch bei verschiedenen Demonstrationen in Deutschland. Im Europaparlament in Brüssel schnitt sich die schwedische Abgeordnete Abir Al-Sahani am Rednerpult ein ordentliches Stück bis auf Kinnlänge ab.

50 französische Schauspielerinnen haben es vorgemacht

In Frankreich schlossen sich in der vergangenen Woche rund 50 Schauspielerinnern an, darunter Marion Cotillard, Isabelle Huppert, Jane Birkin und Charlotte Gainsbourg.

Den Anfang machte Juliette Binoche. „For Freedom“ ruft sie, hält die Haare über den Kopf und schneidet frei hinein, dann setzt die Musik ein: „Bella Ciao“, auf Persisch gesungen von Yashgin Kiyani.

Nun legen deutsche Prominente nach, diesmal sind auch Männer dabei. Hier beginnt die Schauspielerin Lina Beckmann, die mit gleicher Rigorosität losschneidet wie Binoche. Das macht was mit dem Zuschauer, und nicht nur dem eitlen. Es folgen rund 40 weitere Stars aus Film, Fernsehen und Theater, darunter Katharina Thalbach, Meret Becker, Ronald Zehrfeld, Jasmin Tabatabai, Nicolette Krebitz und Sandra Hüller, die im Gros wahrscheinlich viele Instagram-Follower haben, mit der Schere aber nur sehr zaghaft und eher symbolisch agieren. Hier ein paar Spitzen, da eine dünne Strähne, bei den meisten wird man nach kurzem Durchschütteln nicht mehr sehen, dass etwas passiert ist.

Nun macht die Kritik im Feuilleton an der Kritik auf Instagram natürlich auch nichts besser, und zu viel Solidarität kann es nicht geben. Dass aber so mancher Promi mit zu lascher Verfolgung hehrer Ziele am Ende tatsächlich Schaden anrichten könnte – weil die Sache dadurch an Ernsthaftigkeit verliert oder das Gefühl entsteht, mit einer Strähne weniger sei im Kampf schon was geleistet – sei zumindest zur Debatte gestellt.