Der lange Applaus, der Masha Gessen am Montagabend in der Zentrale der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin-Mitte empfängt, macht klar, wo in dem bis auf den letzten Platz besetzten Saal die Sympathien liegen. Masha Gessen erhebt sich, verneigt sich, freut sich sichtlich. Vor zwei Tagen ist Gessen, 1967 in Moskau in eine jüdische Familie geboren, in Bremen mit dem Hannah-Arendt-Preis ausgezeichnet worden. Von der Festveranstaltung zur Preisverleihung hatte sich die Böll-Stiftung zurückgezogen, nachdem die non-binäre Person Masha Gessen, die in den USA lebt und lehrt, Gaza in einem am 9. Dezember im New Yorker erschienenen Essay mit den jüdischen Ghettos im von den Nationalsozialisten besetzten Europa verglichen hatte. Um es gleich zu sagen: Gessen blieb bei dem Vergleich. Und auf die Frage der streitbaren Moderatorin Tamara Or, Vorstand der Stiftung Deutsch-Israelisches Zukunftsforum, ob nun nicht mehr über diesen Vergleich statt über die Lage in Gaza geredet werde, antwortete Gessen: „Ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon Sie sprechen.“ In einer Ecke sitzen zwei Polizisten. So ist das in diesen Tagen in Deutschland, wenn über Israel gesprochen wird, zumal von einer jüdischen Person.

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