Fall Johann König

Johann König wehrt sich erfolgreich gegen Anschuldigungen der Wochenzeitung Die Zeit

Drei Autorinnen erheben in einem Text Vorwürfe, die sie nicht beweisen können. Der Ruf des Galeristen Johann König ist zerstört. Jetzt will er Schadenersatz. 

Der Galerist Johann König
Der Galerist Johann KönigMurat Aslan

Johann König will weiter gegen die Wochenzeitung Die Zeit klagen. Das geht aus einer Mitteilung der Anwälte des Berliner Galeristen hervor, die dieser Zeitung vorliegt. Der Anwalt Simon Bergmann sieht es als erwiesen an, dass die Berichterstattung um angebliche sexuelle Übergriffigkeit „nicht nur rechtswidrig, sondern auch schadensersatzpflichtig ist“.

Johann König hat bisher gegen sechs Passagen erfolgreich geklagt, am Dienstag wurde bekannt, dass das Oberlandesgericht Hamburg eine weitere einstweilige Verfügung gegen den Zeit-Text erlassen hat. Wieder mussten fast ein ganzer Absatz und ein weiterer Satz gelöscht werden. Die Zeit spricht dagegen in ihrer Pressemitteilung von „einem Halbsatz“, was schlicht nicht der Wahrheit entspricht. Königs Anwalt geht dagegen separat vor. 

Der Text mit dem Titel „Ich habe ihn angeschrien und beschimpft, damit er weggeht“ vom 31. August 2022 steht damit nur noch in Teilen online. Die Autorinnen Luisa Hommerich, Anne Kunze und Carolin Würfel berichten darin über Anschuldigungen gegen Johann König, von denen Die Zeit selbst sagt, sie seien „keine Kapitalverbrechen“. Sie sind aber dazu geeignet, seinen Ruf zu zerstören.

Die eidesstattlichen Versicherungen der Frauen, die laut Zeit-Artikel Vorwürfe gegen König erheben, sind zum Großteil erst nach dem Erscheinen des Textes geliefert worden und widersprechen zum Teil der Berichterstattung der Zeit. Königs Anwälte behalten sich deshalb auch vor, gegen einige der eidesstattlichen Versicherungen strafrechtlich vorzugehen. Von den Frauen ist keine mehr anonym, die Zeit konnte ihre Quellen nicht schützen. 

Compliance-Probleme des Zeit-Textes

Die Berliner Zeitung hat am 26. November berichtet, dass es zudem Compliance-Probleme in Zusammenhang mit dem Text gibt. Eine der Autorinnen, Carolin Würfel, ist mit einem Konkurrenten Königs, dem Galeristen Alfons Klosterfelde, verheiratet und schrieb wiederholt in der Zeit über Künstler, die ihr Mann vertritt. Klosterfelde und König vertraten zudem eine Künstlerin, die inzwischen allein von Klosterfelde vertreten wird.

Außerdem hat Würfel bereits vor fünf Jahren in der Zeit die Auffassung vertreten, dass man Männer auch dann öffentlich anklagen dürfe, wenn ihr vermeintliches Fehlverhalten nicht strafrechtlich relevant sei. „Wir wissen, wer ihr seid“, steht in dem Artikel aus dem Jahr 2017. Darin erwähnt sie auch einen „Galeristen“, der „seine Hände nicht bei sich lassen kann“. Darauf angesprochen, verneinte Würfel, dass sie damals König meinte.

Schließlich zeigt ein Drehbuch-Exposé von Würfel, dass sie sich bereits lange vor der Veröffentlichung des Zeit-Textes den Fall eines Berliner Galeristen vorgestellt hat, der an MeToo-Vorwürfen zugrunde geht.

Die Zeit hat die Verbindungen von Würfel weder offengelegt noch dazu Stellung genommen. Vielmehr behauptet die Redaktion gegenüber der Berliner Zeitung – und dem Vernehmen nach auch intern –, Würfel sei nicht Autorin des Textes. Ihr Name steht jedoch nach wie vor in der Autorenzeile, und sie hatte sich in der ursprünglichen Version selbst als „eine Autorin dieses Textes“ bezeichnet. 

In dem Beschluss des Oberlandesgerichts Hamburg heißt es zwar: „Es besteht ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit daran, darüber informiert zu werden, dass gegen einen bedeutenden und international tätigen Angehörigen des Kulturbetriebs der Vorwurf erhoben wird, er würde immer wieder Frauen sexuell bedrängen.“ Gleichzeitig mussten aber wesentliche Teile des Textes aus dem Zeit-Investigativressort gelöscht werden. Das unterschlägt die Pressemitteilung des Verlags zu dem Gerichtsbeschluss. Höchst ungewöhnlich ist, dass die Redaktion in der aktuellen Version des Textes komplett neue Vorwürfe eingebaut hat. Sie stammen aus einer kürzlich geleisteten eidesstattlichen Versicherung. Königs Anwalt sieht darin „einen schweren Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht“. Im Text steht, König weise die Vorwürfe zurück, dabei wurde er nie mit ihnen konfrontiert.

Vier Absätze für einen Kussversuch von 2017

Einem Vorwurf wird in dem Artikel besonders viel Platz eingeräumt. In vier Absätzen behandelt er einen nächtlichen Kussversuch Königs vor dem Grill Royal. Sarah M., eine Berliner Architektin, besuchte im September 2017 laut Text eine Ausstellungseröffnung von König und folgte der Gruppe anschließend in jenes Restaurant. M. gab König ihre Nummer, ohne dessen Namen zu kennen. Im Zeit-Text beschreibt sie einen versuchten Zungenkuss, in ihrer eidesstattlichen Erklärung spricht sie allerdings von einem „Kuss auf den Mund“. Sarah M. reagiert auf Anfrage der Berliner Zeitung zu diesem Widerspruch nicht. König bestreitet, sie geküsst zu haben.

Die Architektin sagt der Zeit, sie sei überrumpelt gewesen, jedoch folgt in den Tagen danach ein freundlicher SMS-Austausch mit König. Sie schickt Fotos, empfiehlt ihm Architekten. Diese Nachrichten lagen auch den Autorinnen des Zeit-Textes vor, wurden aber ignoriert. Weil sie nicht ins Bild passten? Der Schaden für die Galerie geht mittlerweile in die Millionen. König kämpft weiter um seinen Ruf.

Haben Sie Feedback? Schreiben Sie uns! briefe@berliner-zeitung.de


Empfehlungen aus dem Ticketshop: