Amaze, das kann man mit „erstaunen“ übersetzen oder mit „verblüffen“, auf positive Art. Lässt man eine Pause nach der ersten Silbe, wird „A Maze“ daraus, sprich, ein Labyrinth. Beides passt zum Festival für „Games und Playful Media“, das nun zum ersten Mal seit Pandemiebeginn auch wieder analog stattfindet. Für die zwölfte Ausgabe ist die Veranstaltung von Friedrichshain nach Wedding gezogen, ins Silent Green Kulturquartier, das bis 2001 ein Krematorium war. Wo früher unterirdisch Leichen gelagert und seziert wurden, blinken nun in allen Winkeln und Gängen vier Tage lang Beamer und Bildschirme. Darauf zu sehen sind Arthouse-Games aus der ganzen Welt, in einem Facettenreichtum, der dem Titel des Festivals nicht gerechter werden könnte.
Unzählige digitale Welten gibt es dabei zu entdecken: das Mexiko von 1921, als Fotojournalist auf der Suche nach dem Mörder des mexikanischen Präsidenten Álvaro Obregón, die Antarktis im Kalten Krieg, als Forscher, der ständig seine Versprechen bricht, oder eine Großstadt, als Fröschlein, dem es in der Sonne zu heiß ist. Man bekommt einen Einblick in das Leben einer lesbischen Christin aus Korea, indem man Text- und Bilddateien auf ihrem Computer ordnet, muss als dänische Krankenschwester im Zweiten Weltkrieg unmögliche Entscheidungen treffen oder als Geist einer Sängerin durch eine surrealistische Waldlandschaft schweben, um für ein letztes Konzert die alten Bandmitglieder aufzusuchen.
Als Türsteher oder junge Frau auf Sinnsuche durch Berlin
Auch Berliner Studios stellen aus: Die Männer von Dexai Arts schicken die Spieler in „Techno Banter“ als Türsteher zur Arbeit, die Frauen von Fein Games haben in „Finding Hannah“ mit Wimmelbildern ein Abenteuer gestaltet, in dem eine junge Berlinerin nach Sinn sucht. Die Entwickler-Genossenschaft Randwerk hat aufwendige, brutalistische Gebilde konzipiert, die Spieler in „Abriss – Build to destroy“ mit großer Genugtuung einreißen dürfen.
Insgesamt 287 Spiele aus 50 Ländern wurden dieses Jahr eingereicht, 25 davon sind für die sieben A-Maze-Awards nominiert, die am kommenden Samstagabend vergeben werden. „Games sind Leben, Games sind Herz, Games sind Leidenschaft“, rief der Festivalgründer und künstlerische Leiter Thorsten S. Wiedemann bei der Eröffnungsfeier auf der Bühne und das junge internationale Publikum brach in Jubel aus.
Man kann nur einstimmen, schon nach einem kurzen Rundgang durch die Ausstellung, ent- und begeistert, wie weit sich das Medium seit der letzten Live-Ausgabe des Festivals 2019 weiterentwickelt hat. Technisch, aber vor allem auch künstlerisch. Der Mut zum visuellen und narrativen Experimentieren, die Freude am Werk, das strahlt hier aus jedem Pixel. Egal, welchen Bezug man selbst zu Videospielen hat: Das A Maze Festival sollte man sich nicht entgehen lassen. Wer scheu ist, kann sich auch von zu Hause digital umsehen.
