Laut und monoton rattern die Räder des Bettes über die alten Steinfliesen. Vor mir erstreckt sich ein langer, schmaler Kellergang, der sich scheinbar endlos zieht. In der tief hängenden Decke flackern die eingelassenen Leuchtstoffröhren und spenden nur spärliches Licht. Ich bin jemand, der selten friert, aber hier spüre selbst ich, wie mir die Kälte in die Knochen kriecht. Diesen Weg bin ich schon hunderte Male gegangen, und obwohl er überall anders aussieht, sind die Gedanken, die mir dabei durch den Kopf wandern, fast immer die gleichen. Ich bin auf dem Weg zur Leichenhalle.
In dem Bett, das ich vor mir herschiebe liegt mein über 90-jähriger Patient, ich nenne ihn Erwin. Gleich werde ich Erwin mitsamt seinem Laken aus dem Bett auf die kalte Metallwanne ziehen und ihn mit dem Kopf voran in eines der freien Kühlfächer schieben. Auf dem Magneten, den ich an der Klappe befestige, wird „Belegt“ stehen, nicht „Beschlagnahmt“ wie beim Nachbarfach, denn Erwin ist eines natürlichen Todes gestorben.

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