Berlin-Der Name klingt niedlich, aber er verweist auf ein hochtechnologisches Verfahren: Seleggt heißt die Firma, die jenes Gerät zur In-Ovo-Geschlechtsbestimmung von Küken entwickelt hat, das ab Ende 2021 in Serie verfügbar sein soll. Hinter dem Wortspiel scheint das gar nicht mehr so niedliche Ziel des Verfahrens auf: Die Selektion von Hühnerembryonen nach Geschlecht – weil eines der Geschlechter, das männliche, bei den Legehuhnrassen ökonomisch wertlos ist. Eier können diese Hähne nicht legen und für den Verzehr werden sie als nicht geeignet angesehen, setzen sie doch weniger Fleisch an als speziell dafür gezüchtete Masthähne.
Es wird seit einigen Jahren an mehreren Verfahren geforscht, die die Geschlechtsbestimmung „in ovo“, also noch im Ei, möglich machen und das millionenfache Töten frisch geschlüpfter Küken beenden sollen. Zur Marktreife gelangt ist bislang nur das der Firma Seleggt, die zur Rewe-Group gehört. Das dazugehörige Gerät wurde von der Universität Leipzig entwickelt, eine holländische Firma stellt es her.
Gesetzentwurf gegen das Schreddern von Küken
Der von Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) am Mittwoch vorgelegte Gesetzentwurf, der das Kükentöten beenden will, soll Ende 2021 in Kraft treten – spätestens dann müsste das Geschlechtsbestimmungs-Gerät also in allen deutschen Brütereien stehen. Die Eier müssen für die Methode im 45-Grad-Winkel platziert sein, am neunten Tag der Bebrütung sticht ein Laser ein kleines Loch in die Schale. Mit einer Injektionsnadel wird dann Harnflüssigkeit des Embryos entnommen. Der Zeitpunkt für die Entnahme wird durch die Entwicklung des Embryos vorgegeben: Erst an Tag neun ist die Harnblase an einer bestimmten Stelle im Ei fixiert, kann der Laserstrahl also zuverlässig die richtige Stelle treffen.
Außerdem ist dann die Konzentration des in der Harnflüssigkeit enthaltenen Hormons groß genug, welches Aufschluss über das Geschlecht des Embryos gibt: Der winzige Harntropfen wird daraufhin untersucht, ob er Östronsulfat enthält. In dem Fall handelt es sich um ein weibliches Küken. Diese Eier werden weiter bebrütet, bis nach 21 Tagen die künftige Legehenne schlüpft. Die anderen Eier werden den Brutmaschinen entnommen, ohne Wärme sterben die Embryonen ab. Die aussortierten Eier würden zu Tierfutter verarbeitet, heißt es aus dem Landwirtschaftsministerium.

Es werden zwar keine lebenden Küken getötet, ein Schmerzempfinden haben die Embryonen am neunten Tag allerdings wohl schon. Man geht davon aus, dass es ab dem siebten Tag besteht, dann sind Nervenzellen, Schmerzrezeptoren und Neocortex weit genug entwickelt. Auch aus diesem Grund wird noch an Alternativen zur Geschlechtsbestimmung gearbeitet.
Spätestens ab 2023 soll ein spektroskopisches Verfahren zur Verfügung stehen, das schon nach gut drei Bebrütungs-Tagen eingesetzt werden kann. Statt dem Ei Flüssigkeit zu entnehmen, schickt man einen Lichtstrahl hinein. Zuvor muss ein neun bis zwölf Millimeter großes Loch in die Schale gelasert werden, die Eihaut muss dabei ganz bleiben. Je nachdem, ob sich im Ei-Inneren männliche und weibliche Blutzellen befinden, reflektieren sie das spezielle Licht auf unterschiedliche Weise. Nach der Prozedur wird die Schale mit einer Art Pflaster wieder verschlossen. Auch für diese Methode gibt es bereits einen Prototypen. Eine weitere Möglichkeit sind gentechnische Verfahren, bei denen die DNA der Embryonen untersucht wird.

