Infektionsschutz in der Schule

Keine Maskenpflicht in Berliner Grundschulen: Durchseuchung mit Ansage

Erneut mischen sich Sorge und Erleichterung bei einer Corona-Regeländerung in der Berliner Schule: Die wegfallende Maskenpflicht sorgt für Diskussionen.

Eine Erwachsene kürzt für eine Grundschülerin ihre Maske, damit sie besser hält. Seit Montag ist die Maskenpflicht an Berliner Grundschulen weggefallen.
Eine Erwachsene kürzt für eine Grundschülerin ihre Maske, damit sie besser hält. Seit Montag ist die Maskenpflicht an Berliner Grundschulen weggefallen.dpa/Georg Fischer

Berlin-Was die Braunschweiger Virologin Melanie Brinkmann in der Rheinischen Post als „ziemlich dumm“ bezeichnet hatte, forderten Ärzteverbände immer wieder und zuletzt auch immer deutlicher: Nun ist es so weit: Seit Montag ist die Maskenpflicht in Berliner Grundschulen offiziell aufgehoben. Auch in den fünften und sechsten Klassen der grundständigen Gymnasien fiel die Tragepflicht.

Trotzdem hatten alle an diesem Montag ihre Masken dabei. Auch jene Schülerinnen und Schüler, die sie von nun an nicht mehr aufsetzen müssen, hatten sie sich in die Hosentasche gesteckt. Sicherheitshalber. 

Vor einer Schule in Friedrichshain war ein recht klares Meinungsbild zu beobachten: Die meisten Männer, die ihre Kinder zur Schule brachten, trugen keine Masken auf dem Schulhof. Dort sind sie auch schon seit längerer Zeit keine Pflicht mehr. Die meisten Frauen trugen hingegen noch Masken. Einige Kinder freuten sich, dass sie nun ohne in die Schule dürfen, andere sagten, dass sie sie nur auf den Fluren tragen wollen. Wieder andere sagten: „Wir schauen erst mal, was die anderen machen.“

In Brandenburg bereits seit Wochen keine Maskenpflicht mehr

Norman Heise ist Sprecher des Berliner Elternausschusses und Mitglied im die Bildungssenatsverwaltung beratenden Hygienebeirat. Er blickt zwar mit gemischten Gefühlen auf das Fallen der Maskenpflicht, betont aber auch: „Das ist praktisch bei jeder Regelung so, die seit Pandemiebeginn für die Berliner Schulen beschlossen wurde. Es gab da eigentlich nie eine, die unumstritten war. Auch in diesem Fall ist es so, dass manche Eltern sich eine Verlängerung der Pflicht gewünscht hätten, andere freuen sich über die Lockerung.“

Im Hygienebeirat habe man sich, so Heise, sehr ausführlich mit der Abschaffung der Maskenpflicht beschäftigt und sei zu dem Schluss gekommen, dass diese Lockerung vertretbar sei. Heise: „Wichtig war uns, dass es im Falle einer PCR-positiven Infektion eine zusätzliche Testung in der jeweiligen Klasse gibt, um Folgeinfektionen zuverlässiger zu entdecken. Abgesehen davon ist es auch so, dass die Masken gerade in der Grundschule und hier gerade in den jüngeren Jahrgängen das Unterrichtsgeschehen in bestimmten Situationen doch erheblich behindern.“

In Brandenburg war die Maskenpflicht in der Grundschule bereits in der zweiten Augusthälfte weggefallen, seitdem müssen nur noch Schüler an weiterführenden Schulen einen Mund-Nasenschutz im Unterricht tragen. Dort hat diese Änderung zwar bisher nicht zu in die Höhe schießenden Infektionszahlen geführt, aber in Brandenburg sind derzeit mehr als dreimal so viele Lerngruppen in Quarantäne (57 zum letzten Meldezeitpunkt des Bildungsministeriums) wie in Berlin (17 laut Bildungssenatsverwaltung).

GEW: Jetzt brauchen wir mehr Tests

Noch vor dem Ende der Maskenpflicht hatten hunderte Berliner Eltern eine noch laufende Petition gegen die Lockerung unterschrieben. Initiatorin Julia Noack drückte gegenüber der dpa ihre Sorge vor einer „Durchseuchung mit Ansage“ aus, die bevorstehe, wenn der einzige Schutz der Kinder in den eng besetzten Klassenräumen wegfiele. Schließlich sei derzeit noch kein Impfstoff für Kinder unter zwölf Jahren zugelassen. Es gibt durchaus Eltern, das bestätigte auch Norman Heise der Berliner Zeitung, die sich wünschen, man hätte bis zu einer solchen Zulassung gewartet und erst dann die Maskenpflicht aufgehoben.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Berlin, Tom Erdmann, blickt mit einer gewissen Vorsicht auf die Aufhebung der Maskenpflicht. Aus Sicht der Lehrkräfte gäbe es zwar keinen Anlass zu großen gesundheitlichen Bedenken, da im Grundschulbereich über neunzig Prozent der Lehrer geimpft seien. Dennoch müsse man den wegfallenden Schutz der Masken durch andere Maßnahmen ersetzen: „Wir plädieren als GEW dafür, zumindest durchgängig dreimal statt nur zweimal die Woche zu testen“, sagte Erdmann der Berliner Zeitung am Montag.