Die Grillsaison ist in vollem Gange! Während meines letzten Besuches in Berlin sah ich sie, die Rauchschwaden, die durch die Parks der Hauptstadt zogen. Überall roch es nach Bratwurst, Nackensteak und manchmal sogar nach gegrilltem Hammelfleisch. Grillen ist schließlich Anarchie, denn gegrillt wird natürlich, was schmeckt. Gute Zubereitung ist objektiv, aber Geschmack, das ist etwas sehr Subjektives.
Und dann die glücklichen Gesichter der Menschen, die sich gerade friedlich versammeln und die Sommerzeit nutzen, um gemeinsam an der frischen Luft eine fröhliche Grillparty zu feiern. Ob mit Holzkohle im Park oder auf dem winzigen Elektrogrill auf dem Balkon, glücklich sind alle am Grill, denn für viele ist es das Ritual der wärmsten und schönsten Jahreszeit.
Wie man es schafft, mit Grillgemüse die unterschiedlichen Lager füreinander zu begeistern und zu versöhnen, darüber haben wir schon etwas geschrieben. Auch haben wir Ihnen schon Rezepte für Grill-Marinaden und gesunde Salate gezeigt. Vor allem die Salate erweitern ja neben erwähntem Grillgemüse das Angebot und tragen, neben groben Bratwürsten, grundsätzlich zu einem gesteigerten kulinarischen Erlebnis bei. Ein Salat – man findet ihn fast immer, wenn irgendwo gegrillt wird – hat aber einen sehr zweifelhaften Ruf.
Besonders im Ausland werden wir Deutschen dafür belächelt. Die Franzosen finden es (wie auch Weißwein mit Eiswürfeln) schlicht weg barbarisch und ordinär, die Italiener sind entsetzt, denn die Hauptzutat ist dort eine Nationalspeise. Na? Wissen Sie schon, worum es geht? Jetzt sollten Sie es wissen! Es ist nicht der für uns Deutsche wirklich edle Fleischsalat und auch nicht der Kartoffelsalat. Kabelsalat schon gar nicht.

Italiener halten Nudelsalat für eine große Sünde!
Es ist der Nudelsalat. Mehrfach wurde ich in Italien gefragt, ob es wahr sei, dass wir tatsächlich Nudeln kochen, um diese anschließend kalt mit Mayonnaise, grauen und zerkochten Erbsen und Möhren aus der Konservendose zu servieren. Und dann auch noch als Beilage zu gegrilltem Schweinenacken. Das geht für den katholischen Italiener gar nicht und kommt einer Gotteslästerung gleich.
Als eine solche Konversation einmal eröffnet wurde, fühlte ich mich richtig in die Ecke gedrängt. Der anwesende Franzose schüttelte verständnislos den Kopf, die Italienerinnen schauten mich vorwurfsvoll an und der anwesende Engländer schmunzelte vergnügt ob meiner Verzweiflung. Wahrscheinlich auch, weil in dieser Sekunde einmal nicht davon die Rede war, dass man sich in Großbritannien mehrheitlich schlimmer ernährt als ein Schwein, das im Hinterhof mit Essensresten gefüttert wird.
Die Kritik meiner romanischen Freunde schlug ein wie ein Blitz; alle mein Bemühungen, die deutsche Küche im internationalen Vergleich gut aussehen zu lassen, waren auf einmal dahin. Und das, obwohl gerade Berlin ja inzwischen langsam zu einer kulinarischen Weltmetropole aufsteigt. Aber das alles half nicht: Nudelsalat ist ein absolutes No-Go.
Wie komme ich da wieder raus? Gerade erst hatte ich mich als Foodie, Freund von Slow Food sowie der italienischen Küche geoutet, da werde ich eiskalt außer Gefecht gesetzt. Wie also erklärt man das? Da hilft eigentlich nur eines: dazu stehen! Davon schwärmen, den Menschen klar machen, was sie da verpassen. Warum auch nicht? Nudelsalat ist geil, sagte ich! Zugegebenermaßen ist die Variante mit Discounter-Nudeln, billiger Mayo und Formfleisch ziemlich derbe, aber man kann hier ja Abhilfe schaffen.
Es gibt mehr als 350 Pasta-Sorten – viel Raum zum Experimentieren
Es gibt allein mehr als 350 verschieden Pasta-Sorten. Zwar eigenen sich nicht alle für einen Nudelsalat. Tortellini oder Spaghetti eigentlich gar nicht. Falls Sie ein Rezept haben, lasse ich mich aber gerne vom Gegenteil überzeugen. Schreiben Sie mir!
Für mich gehören in einen Nudelsalat vor allem Farfalle, Fusilli oder Penne. Bei der Vielzahl des Angebots kann man aber problemlos auf andere Sorten zurückgreifen. Maccheroni funktionieren, Risoni, Trofie, Fregola Sarda oder sogar Gnocchi. Letztere sind ja auch ziemlich Deutsch und schmecken allen Kartoffeln. So vielfältig wie die Wahlmöglichkeiten bei den Nudeln sind, so zahlreich sind auch die weiteren möglichen Zutaten. Wenn Couscous, Bulgur und Quinoa als Salate funktionieren, warum dann nicht auch Pasta? Zumindest aus kulinarischer Sicht – die ernährungsphysiologische Evaluierung überlassen wir lieber denn Profis. Hier geht es schließlich um den Genuss.
Also, andiamo, hoch soll er leben, der Nudelsalat! Hier kommen drei Rezepte. Das ist nicht viel, ich weiß, aber sehen Sie es als Inspiration. Falls Sie ebenso gute oder sogar noch viel leckerere Rezepte kennen, dann schreiben Sie mir gerne: briefe@berliner-zeitung.de

Nudelsalat mit Fregola Sarda, Fenchel, Gurke, Zwiebel, Dill und rotem Pfeffer
Zutaten (für 4 Personen): 250 g Fregola Sarda oder Orzo-Nudeln, 1 Fenchel, 1 Bund Dill, ½ Bund Minze, 1 kleine rote Zwiebel, ½ Gurke, 1 TL roter Pfeffer, Salz, Olivenöl, Saft und Abrieb einer Zitrone
Zubereitung: Wir kochen die Fregola Sarda in gesalzenem Wasser gar. Logisch, das Wasser ist dieses Mal so salzig wie in der Lagune von San Teodoro. Es geht weiter mit den restlichen Vorbereitungen. Nehmen Sie sich Zeit und arbeiten Sie konzentriert. Stellen Sie sich das fröhliche Gesicht von Nelson Müller vor, der voller Stolz auf Ihr Mise en Place schaut. Wir starten also mit der Zitrone, die wir raspeln und pressen.
Wir mischen beides mit etwa 100 Milliliter Olivenöl und etwas Salz, das ist quasi unsere Marinade (noch nicht ganz fertig, Sie werden sehen). Anschließend zerdrücken wir die roten Pfefferbeeren – das geht gut mit einem Topfboden – und geben diese ebenfalls dazu. Das Fenchelgrün hacken wir zusammen mit Dill und Minze schön fein.
Den Fenchelkopf und die rote Zwiebel hobeln wir hauchdünn. Die Gurke wird geschält und entkernt. Die Kerne pürieren wir mit unserer Marinade, so wird diese besonders frisch (sehen Sie!). Den Rest der Gurke schneiden wir in kleine Schiffchen oder Würfel. Ist die Pasta gar, lassen wir sie ein wenig abkühlen, dann wird alles gemischt. Erst am Ende, wenn alles wirklich kühl ist, geben wir die gehackten Kräuter dazu. Nicht vergessen: Probieren und Abschmecken!
Nudelsalat mit Gnocchi, Zuckerschoten, Spinat, geschmelzter Zwiebel und Rosinen
Zutaten (für 4 Personen): 250 g Gnocchi, 2 mittelgroße weiße Zwiebeln, 2 EL Rosinen, 2 EL Pinienkerne, Zuckerschoten, frischer Blattspinat, 4-5 EL Balsamico-Essig, ordentlich Olivenöl, Salz und Pfeffer, Cayenne-Pulver
Zubereitung: Auch hier bereiten wir alles schön vor. Der Clou ist, dass wir den Salat in der Pfanne machen und dann lauwarm oder kalt essen. Wir beginnen mit der Zwiebel, die wir in feine Streifen schneiden und anschließend mit etwas Öl in der Pfanne goldbraun karamellisieren (das dauert eine ganze Weile). Sind die Zwiebeln fertig, kommen sie erst einmal zur Seite.
Dann rösten wir die Pinienkerne, schneiden die Zuckerschoten in Trapeze und stellen die Rosinen und Gewürze bereit. Wir kochen die Gnocchi und geben diese dann zum leichten Anrösten in die Pfanne. Sind die Gnocchi leicht braun, geben wir die restlichen Zutaten dazu, löschen mit dem Balsamico ab und ziehen die Pfanne vom Herd. Ist alles lauwarm, schmecken wir mit Salz, Pfeffer und Cayenne (vielleicht mehr Balsamico und Olivenöl?) ab. Das schmeckt herrlich frisch, und gleichzeitig erinnert mich das auch ein bisschen an Sizilien.

Nudelsalat mit Pipe Rigate, Kebabfleisch, Zimt, Kichererbsen und Gemüse
Zutaten (für 4 Personen): 200 g Pipe Rigate, 150g Kebabfleisch (alternativ fein geschnittenes Huhn oder vegane Alternativen), 100 g Kichererbsen (gegart aus der Dose), ½ Zucchini, ½ Aubergine, 3-4 Röschen Blumenkohl, 1 rote Spitzpaprika, Salz, Zimt, Ras el-Hanout, 1 Limette (Abrieb und Saft), Petersilie und Minze, Olivenöl, 100 g Joghurt, ½ Knoblauchzehe.
Zubereitung: Kebabfleisch können Sie vielleicht direkt bei einem Dönerladen holen. Alternativ schneiden sie Huhn oder Kalb sehr fein und braten es mit ordentlich Knoblauch, dem Ras el-Hanout und Zimt an. Möglich ist auch eine der vielen veganen Alternativen, übrigens auch für den Joghurt. Ist das Fleisch fertig, stellen wir es zur Seite und bereiten den Rest vor.
Wir kochen die Nudeln gar und bereiten parallel zum Kochprozess das Gemüse vor. Alles wird in kleine Würfel geschnitten und in einer Pfanne mit reichlich Olivenöl gebraten. Ist alles gar, dann geben wir die Gewürze dazu, also Salz, Ras el-Hanout und den Zimt. Die Knoblauchzehe pressen wir oder hacken sie fein und mischen sie mit dem Joghurt (mit Salz abschmecken). Dann die Kräuter hacken und die Limette raspeln und auspressen.

Sind die Nudeln gar, geben wir diese in eine Schale, dann kommen gleich die Kichererbsen mit Flüssigkeit hinzu, danach das Fleisch und das Gemüse. Jetzt wird alles mit den Gewürzen, dem Limettensaft und -abrieb sowie den Kräutern und ordentlich Olivenöl abgeschmeckt. Wer mag, gibt noch Piment d’Espelette oder Cayennepfeffer dazu. Alles gut ziehen lassen und vor dem Servieren nochmals abschmecken. Den Joghurt stellen wir in einer kleinen Schlüssel daneben.
Für einige Gourmets klingt das alles vielleicht etwas „derbe“. Aber dieses italo-germanisch-levantinische Gericht ist quasi ein Spiegel unserer verschmolzenen Kulturen. Und es schmeckt, garantiert, auch wenn es sich nicht so anhört!
Haben Sie Fragen zu unseren Rezepten? Ideen und Wünsche für Geschichten oder einen Restauranttipp für uns? Dann Schreiben Sie unserem Food-Chef Jesko zu Dohna auf Instagram oder per Email: briefe@berliner-zeitung.de
Felix Hanika war zunächst Investmentbanker, dann absolvierte er im Hotel & Restaurant Bareiss im Schwarzwald eine Kochlehre. Acht Jahre lang kochte er in den besten Restaurants der Welt. In der Wochenendausgabe der Berliner Zeitung veröffentlicht er regelmäßig seine Lieblingsrezepte.







