Berlin-Wenn man Migrant ist, ist Heimat ein komplizierter Begriff. Wurzeln, Orte, Sprache, Identität – alles existiert doppelt und dreifach, überlagert sich, widerspricht und überkreuzt sich, stellt sich infrage und macht sich manchmal sogar übereinander lustig. Das führt zu Reibungen, vor allem wenn man sich fragt, wer man eigentlich ist. Diese Verwirrung kann auch ein Vorteil sein. Denn der Migrant weiß um eine Tatsache, die jedes Bewusstsein heimlich überschattet: dass Identität porös und dehnbar ist. Der Nicht-Migrant ahnt es nur, oder viel schlimmer noch, lebt in der Illusion eines stabilen Zuhauses. Erst wenn es verschwindet, und ja, es verschwindet immer (nur so lässt sich die im Alter wachsende Nostalgie erklären), versteht er, dass Heimat ein endlicher Ort ist.

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